Rettungsschiff "Lifeline" läuft in Hafen von Valletta ein

Die mehr als 230 Flüchtlinge, die über Tage hinweg auf dem Mittelmeer ausharren mussten, sind in Malta angekommen. Acht EU-Staaten haben zugesagt, sich an der Aufnahme der Menschen zu beteiligen.

Dresden/Valletta (epd). Nach sechs Tagen Odyssee im Mittelmeer ist das deutsche Rettungsschiff "Lifeline" am Mittwochabend in den Hafen von Maltas Hauptstadt Valletta eingelaufen. Die mehr als 230 Flüchtlinge an Bord wurden zunächst registriert und ärztlich versorgt. Ministerpräsident Joseph Muscat hatte Stunden zuvor die Erlaubnis zur Einfahrt in den Hafen erteilt, nachdem acht EU-Staaten die Aufnahme der Menschen zugesagt hatten. Die Crew des Schiffs reagierte mit Erleichterung und Kritik an der Bundesregierung. Deutschland ist nicht unter den Aufnahmeländern.

Seehofer lehnt Aufnahme ab

Laut Muscat machten Malta, Frankreich, Italien, Portugal, Belgien, die Niederlande, Irland und Luxemburg Zusagen für die Aufnahme von Flüchtlingen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) äußerte sich ablehnend. Nach derzeitigem Stand ergebe sich keine "Handlungsnotwendigkeit für die Bundesrepublik Deutschland", sagte Seehofer bei einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Er wolle verhindern, dass ein Präzedenzfall geschaffen werde.

Die Flüchtlinge waren am Donnerstag vergangener Woche aus Seenot gerettet worden. Nach Angaben der Crew verschlechterten sich ihr Gesundheitszustand und das Wetter auf dem Mittelmeer zusehends. Der maltesische Regierungschef Muscat warf dem Kapitän der "Lifeline", Claus-Peter Reisch, unterdessen vor, die Situation verschlimmert zu haben, und kündigte Ermittlungen an. Die Crew habe mehrfach den Transponder ausgeschaltet, der eine Lokalisierung des Schiffs ermöglicht. Der Kapitän habe zudem "Anweisungen der italienischen Behörden ignoriert, die die Rettungsaktion koordinierten". Offenbar hatte er sich geweigert, die schiffbrüchigen Flüchtlinge wie von Italien gewünscht der libyschen Küstenwache zu überlassen. Italien hat seine Häfen für private Rettungsschiffe gesperrt.

Der Leiter der Dresdner Hilfsorganisation "Mission Lifeline", Axel Steiner, widersprach in Malta den Vorwürfen, die Besatzung habe den Transponder ausgeschaltet. Unter Anspielung auf die Forderung Seehofers, die "Lifeline" stillzulegen, betonte Steiner, das Schiff werde gewartet und dann weiter Seenotrettungsaktionen unternehmen.

Muscat kündigte an, die Asylverfahren für die geretteten Migranten würden in Malta beginnen. Wer keinen Anspruch auf Schutzstatus habe, werde in seine Heimat abgeschoben. Welche EU-Länder wie viele Flüchtlinge von der "Lifeline" aufnehmen, sagte er nicht. Das unter niederländischer Flagge fahrende Schiff solle in Malta beschlagnahmt und sein juristischer Status geprüft werden. Die niederländischen Behörden stuften die "Lifeline" als "staatenlos" ein.

Schiffsmannschaft in "großer Sorge" um den Kapitän

Die Mannschaft der "Lifeline" äußerte sich erleichtert. "Einerseits ist eine Erleichterung da, dass nach sechs Tagen eine Lösung gefunden wurde", sagte Ruben Neugebauer von der Organisation Sea-Watch, die "Lifeline" unterstützt, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zugleich gebe es einen "bitteren Beigeschmack": Man sei in "großer Sorge" wegen der Ermittlungen gegen den Kapitän. Er habe sich geweigert, die Flüchtlinge nach Libyen zurückzuschicken, weil dies einer Menschrechtsverletzung gleichkomme. Damit habe er sich an internationales Seerecht gehalten. Das werde ihm nun vorgeworfen.

"Mission Lifeline" hatte Seehofer vorgeworfen, eine Lösung wegen des unionsinternen Asylstreits zu blockieren. In Deutschland haben Berlin, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Niedersachsen angeboten, Flüchtlinge aufzunehmen. Voraussetzung sei, dass Seehofer den Weg freigebe, sagte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD).

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