Machterhalt auf Biegen und Brechen

Die Parlamentswahl in Kambodscha war eine Farce. Unter Machthaber Hun Sen ist das Land zum Ein-Parteien-Staat verkommen. Ein Ende seiner Herrschaft ist nicht in Sicht.

Frankfurt a.M., Phnom Penh (epd). Der neue Machthaber ist der alte. Ein Prophet brauchte man für die Vorhersage des Wahlausgangs in Kambodscha nicht zu sein. Denn die Abstimmung galt von vornherein als Farce, weil Autokrat Hun Sen ohne echte Herausforderer antrat. Auf sein Geheiß hatte das Oberste Gericht im November die oppositionelle Nationale Rettungspartei CNRP aufgrund angeblicher Umsturzpläne aufgelöst. Oppositionsführer Kem Sokha sitzt wegen des Vorwurfs des Landesverrats hinter Gittern. Zugleich schaltete Hun Sen kritische Medien und Nichtregierungsorganisationen aus. Faktisch ist Kambodscha nun ein Ein-Parteien-Staat.

Seit mehr als 33 Jahren ist der am 5. August 1952 geborene Hun Sen an der Macht. Er entstammt einer Bauernfamilie aus der östlichen Provinz Kampong Cham. Als Jugendlicher kam er in die Hauptstadt Phnom Penh, wo er als Schüler in einem buddhistischen Kloster lebte. Später schloss er sich den maoistischen Guerilla der Roten Khmer an, die zwischen 1975 und 1979 ein Terrorregime errichteten.

Von Hanois Gnaden

1977 lief Hun Sen zu den Vietnamesen über. Als diese in Kambodscha einmarschierten und die Roten Khmer stürzten, wurde Hun Sen von Hanois Gnaden zunächst Außenminister und 1985 Regierungschef. Während der Schreckensherrschaft der Roten Khmer wurden fast zwei Millionen Menschen ermordet.

Als nach Jahren der innenpolitischen Zerrissenheit und des Bürgerkriegs 1991 das Pariser Friedensabkommen geschlossen wurde und 1993 unter UN-Aufsicht Wahlen stattfanden, drohte Hun Sen der Machtverlust: Seine Kambodschanische Volkspartei CPP wurde nur zweitstärkste Kraft. Sieger war Prinz Norodom Ranariddh von der royalistischen Funcinpec.

Hun Sen erzwang jedoch Verhandlungen, in deren Folge er als sogenannter Zweiter Ministerpräsident vereidigt wurde. 1997 setzte er seinen Co-Premier in einem blutigen Putsch ab. Menschenrechtler werfen seinem Regime nicht nur außergerichtliche Hinrichtungen von Funcinpec-Funktionären vor, sondern auch zahlreiche weitere politische Morde an Regimegegnern im Laufe der Jahrzehnte.

"Gewalttätig und autoritär"

Gestützt wird Hun Sens Führungsstil von Angehörigen der Armee und der Polizei. In einem Ende Juni veröffentlichten Bericht mit dem Titel "Das dreckige Dutzend" kritisierte die Organisation Human Rights Watch, zwölf ranghohe Vertreter des Sicherheitsapparates seien "das Rückgrat eines gewalttätigen und autoritären Regimes, über das ein zunehmend diktatorischer Hun Sen herrscht".

Jeder dieser Offiziere verdanke seine hochrangige und lukrative Position politischen und persönlichen Beziehungen zu Hun Sen, die zwei Jahrzehnte oder mehr zurückreichten, hieß es. Deren Bedeutung für das Regime sei vor den Parlamentswahlen "noch offensichtlicher geworden, da sie gegen Journalisten, politische Gegner und regierungskritische Demonstranten vorgehen - und sich offen für Hun Sen einsetzen".

Wiederholt erklärte der Vater von sechs Kindern, nur seine CPP könne Frieden und Wohlstand garantieren. Die Wahl einer anderen Partei werde unweigerlich zu neuen Unruhen und Bürgerkrieg führen. Dass die USA und die EU ihre finanzielle Unterstützung für die Parlamentswahl gestrichen haben, focht Hun Sen nicht an. Mittlerweile ist China sein verlässlichster Unterstützer und der wichtigste Investor in dem südostasiatischen Land. Kritikern aus dem Westen hatte er entgegnet, die Wahlen in Kambodscha bräuchten keine Anerkennung durch die UN.

Familienclan

Zuletzt wurde vermehrt über Hun Sens Gesundheitszustand spekuliert. Allerdings dürfte die Macht innerhalb seines Familienclans verbleiben, dessen Angehörige Schlüsselpositionen in Partei, Armee, Medien und Wirtschaft besetzen: Als ein potenzieller Nachfolger gilt sein Sohn Hun Manet. Der 40-Jährige war ungewöhnlich rasch in den Rängen der kambodschanischen Streitkräfte aufgestiegen und kürzlich zum Vier-Sterne-General befördert worden.

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