Venezuela: Festnahmen nach mutmaßlichem Anschlag auf Präsidenten

Während das Innenministerium von verhafteten Terroristen spricht und die Opposition und Kolumbien eines Attentats bezichtigt, bezweifelt die Opposition die offizielle Version des Geschehens. Sie sieht eine Inszenierung.

Rio de Janeiro (epd). Nach dem mutmaßlichen Anschlagsversuch auf Präsident Nicolás Maduro hat die venezolanische Regierung erste Festnahmen verkündet. Sechs Menschen seien in unmittelbarer Nähe des Geschehens inhaftiert worden, teilte Innenminister Nestor Reverol am Sonntag (Ortszeit) mit. Er bezeichnete die Inhaftierten als Terroristen. Gegen zwei von ihnen sei bereits ein Prozess eröffnet worden. Bei einer öffentlichen Ansprache während einer Militärzeremonie war Maduro am Samstag nach Regierungsangaben Ziel eines versuchten Bombenanschlags, bei dem Drohnen zum Einsatz kamen.

Maduro machte das rechte politische Spektrum in Venezuela, die Regierung Kolumbiens und auch US-Bürger für die Tat verantwortlich. Bogotá und Washington wiesen die Beschuldigung mit Vehemenz zurück.

"Voller Widersprüche"

In der Opposition häufen sich die Stimmen, die von einem inszenierten Anschlag sprechen. "Die offizielle Version ist voller Widersprüche", erklärte Oppositionsführer Nicmer Evans. Es sei unerklärlich, dass bereits zwei Stunden nach dem Geschehen von überführten Tätern gesprochen werde. Maduro wolle das Attentat nutzen, um noch härter gegen kritische Stimmen im Land vorzugehen. Edgar Zambrano von der Oppositionspartei AD erklärte, "die Regierung versucht, von den eigentlichen Problemen des Landes, von der humanitäre Krise und der Wirtschaftskatastrophe abzulenken".

Verteidigungsminister Vladimir Padrino versicherte der Regierung, dass die Armee mit "uneingeschränkter Loyalität" hinter Staatschef Maduro stehe. Die bisherigen Ermittlungsergebnisse legen laut Innenministerium einen "terroristischen Akt" nahe, wie die Zeitung "El Universal" in ihrer Onlineausgabe berichtete. Mehrere Autos wurden Innenminister Reverol zufolge beschlagnahmt und zahlreiche Hotelzimmer durchsucht. Mindestens zwei der Festgenommenen seien bereits früher bei Aktionen für die Opposition aufgefallen.

Jahrelanger Machtkampf

Maduro überstand den mutmaßlichen Anschlag unversehrt, während sieben Soldaten durch Explosionen verletzt wurden. Zahlreiche Staaten verurteilten den Angriff. Regierungsanhänger riefen für Montag zu einer Demonstration in Caracas auf, um ihre Solidarität mit Präsident Maduro zu äußern.

Maduro war Mitte Mai in einer umstrittenen Wahl für weitere sechs Jahre im höchsten Staatsamt bestätigt worden. Der jahrelange Machtkampf zwischen Regierung und Opposition hat Venezuela in eine tiefe politische und wirtschaftliche Krise gestürzt. Das südamerikanische Land steht kurz vor einem Bankrott. Angesichts galoppierender Inflation und Devisenmangels sind Teile der Wirtschaft zusammengebrochen. Die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln ist nicht mehr gesichert, Zehntausende Menschen haben das Land verlassen.

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