"Wir kämpfen für die Freiheit"

epd-bild / vario-press
Schüler in Uganda
Der Rapper Bobi Wine repräsentiert die junge Generation Ugandas
Als Jugendlicher wollte er Musik machen, um der Armut zu entfliehen. Doch seine politischen Erfolge und Proteste gegen den ugandischen Präsidenten trugen Bobi Wine Gefängnis und Folter ein.

Genf, Kampala (epd). In dem Video zu seinem Song "Freedom" (Freiheit) verprügeln ugandische Polizisten Demonstranten, während der Sänger hinter Gittern sitzt und rappt: "Ja, ja, wir wissen, dass Du einen Bürgerkrieg gewonnen hast, aber selbst die, die damals Babys waren, haben jetzt schon Kinder, und dem Land geht es dreckig." Mit "Du" ist Präsident Yoweri Museveni gemeint, der Uganda seit 32 Jahren zunehmend autokratisch regiert - Ende offen. Der Rapper, das ist Bobi Wine, bürgerlich "der ehrenwerte Robert Kyagulanyi". Die Anrede gebührt ihm, weil er seinen Wahlkreis, einen Slum in der Hauptstadt Kampala, seit Juni 2017 im Parlament vertritt.

Aktuell sitzt Wine wirklich in Haft, seit dem 14. August. Ihm droht wegen Hochverrats die Todesstrafe. Auf einem Protest der Opposition in der nördlichen Stadt Arua wurde Wines Fahrer erschossen, Wine twitterte ein Foto mit der Zeile: "Die meinten mich." In der Nacht darauf stürmten Soldaten sein Hotelzimmer, verprügelten ihn mit einer Eisenstange und folterten ihn. Seine Genitalien seien verletzt, und seine Nieren schwer, sagt sein Anwalt.

Protest gegen Ausreiseverbot

Am Donnerstag hätte Wine zur Behandlung ins Ausland fliegen sollen, doch die Polizei verhinderte das. Womöglich, um ihn tot oder zumindest geschwächt zu sehen, sagen Wines Anhänger. Die wurden, zusammen mit unabhängigen Berichterstattern, auch am Freitag wieder zusammengeknüppelt und beschossen, als sie protestierten. Wines Video wird endgültig Wirklichkeit.

Dabei wollte der heute 36-Jährige zunächst nur eins: Musik machen, um der Armut zu entfliehen. Vor 15 Jahren stand er zum ersten Mal auf der Bühne, zwischen den heruntergekommenen Bretterverschlägen von Kamwokya, einem der vielen Armenviertel der Hauptstadt. Wine wurde berühmt, baute irgendwann sein eigenes Aufnahmestudio, doch Kamwokya und seinen Bewohnern blieb er immer treu. Seine Songs beschreibt Wine als "Edutainment": Er will unterhalten und gleichzeitig bilden, gerade die, die weder lesen noch schreiben können. Ohren zum Hören haben sie alle, Beine zum Tanzen auch.

Jugend ohne Perspektive

Als 2017 der Wahlkreis frei wurde, in dem Kamwokya liegt, kündigte Wine seine Kandidatur an - und gewann die Wahl mit 80 Prozent der Stimmen. "Ghetto-Präsident" nennen sie ihn hier, ein Titel, den Bobi Wine stolz angenommen hat. Viele Monate verbrachte er damit, gegen die Steuer auf Social-Media-Nutzung zu kämpfen. Die traf vor allem die Armen und sollte wohl die Kritik an Museveni eindämmen, die dort besonders lautstark kundgetan wird.

Der Frust gerade der jungen Ugander - der Altersdurchschnitt liegt bei 16 Jahren - ist riesig. Es fehlen Arbeit, Ausbildung, Perspektive und die Hoffnung, dass der 74-jährige Museveni willens oder fähig ist, ihre Lage zu verbessern. Zwar sind die Wahlen erst für 2021 angesetzt, doch Bobi Wine ist als Kandidat der Jungen und Urbanen gesetzt. Ein Kandidat, den Museveni so ernst zu nehmen scheint, dass er ihn offenbar mit äußerster Brutalität aus dem Weg zu räumen bereit ist.

Doch ob die alte Garde um Museveni auf diese Weise ihre Macht erhalten kann, ist mehr als fraglich. Der Song "Freedom", von der Regierung längst verboten, wird derzeit überall gespielt. "Wir kämpfen für die Freiheit", heißt es da. "Was bringt die Verfassung, wenn die Regierung sie missachtet?" Diese Frage stellen sich in Uganda immer mehr.

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