UN-Organisation verlangt staatliche Seenotrettung im Mittelmeer

epd-bild/Christian Ditsch
Schlauchboot mit Flüchtlingen (Archivbild)
Die Internationale Organisation für Migration drängt die EU zum Handeln. Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer seien derzeit allein ihrem Schicksal überlassen.

Genf (epd). Die Internationale Organisation für Migration hat die EU zur sofortigen Wideraufnahme der Seenotrettung im Mittelmeer aufgefordert. Viele Bootsflüchtlinge befänden sich in einer aussichtslosen Lage und ihre Leben müssten gerettet werden, sagte IOM-Sprecherin Safa Msehli dem Evangelischen Pressedienst in Genf. Seit Beginn des Jahres seien im zentralen Mittelmeer mindestens 157 Menschen auf hoher See gestorben. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher liegen.

"Wir befürchten das Schlimmste"

"Wir müssen von Bootsunglücken im Mittelmeer ausgehen, von denen wir nichts mitbekommen. Wir befürchten das Schlimmste", sagte Msehli. "Wir haben nur sehr wenige Informationen über die Bewegungen der Boote mit Flüchtlingen und Migranten, die von Libyen oder Tunesien in See stechen." Da die Anrainerstaaten und die EU die Seenotrettung eingestellt hätten und die Regierungen die private Seenotrettung stark behinderten, seien Bootsflüchtlinge allein ihrem Schicksal überlassen.

Msehli verlangte zudem, dass Migranten und Flüchtlinge nicht mehr nach Libyen zurückgebracht werden dürften. "Diese Rücktransporte müssen enden", betonte sie. "Libyen ist alles andere als ein sicherer Ort." Libyens Küstenwache fange Boote ab und bringe die Passagiere in die berüchtigten Sammellager in dem nordafrikanischen Land. Mehr und mehr Migranten und Flüchtlinge landeten in Lagern, die unter dem Kommando von Schleusern und Schleppern stünden.

Humanitäre Helfer hätten keinen Zugang zu diesen Lagern, die Insassen seien Gewalt, Hunger und Krankheiten ausgesetzt. Die Sprecherin erinnerte an ein Massaker Ende Mai in einer Schleppereinrichtung südwestlich von Tripolis. Dabei seien 30 Migranten erschossen worden.

Im März 2019 hatte die EU den Einsatz von Schiffen der Operation Sophia ausgesetzt und damit praktisch die Seenotrettung im Mittelmeer beendet. Italien und Malta ließen bereits im vergangenen Jahr private Rettungsschiffe kaum mehr in ihre Häfen. Im Zuge der Corona-Pandemie schlossen die Mittelmeeranrainer die Häfen der komplett. In den vergangenen Monaten konnten so gut wie keine privaten Seenotretter Einsätze fahren. Dennoch erreichten Msehli zufolge seit Jahresbeginn rund 6.600 Migranten und Flüchtlinge von Libyen und Tunesien kommend Italien und Malta. Die IOM mit Sitz in Genf gehört zu den Vereinten Nationen.

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