"Brot für die Welt": Wirtschaftsministerium blockiert Lieferkettengesetz

Ein Lieferkettengesetz soll Firmen für Menschenrechtsverstöße im Ausland haftbar machen. Doch es gibt große Widerstände, klagt "Brot für die Welt"-Präsidentin Füllkrug-Weitzel. Das Wirtschaftsministerium weist indes den Blockade-Vorwurf zurück.

Berlin (epd). "Brot für die Welt" befürchtet ein Scheitern des geplanten Lieferkettengesetzes, das Lohndumping und ausbeuterische Kinderarbeit in Entwicklungsländern eindämmen soll. Entwicklungs- und Arbeitsministerium hätten Eckpunkte für ein Gesetz erarbeitet, aber das Wirtschaftsministerium blockiere das Vorhaben, sagte die Präsidentin der evangelischen Hilfsorganisation, Cornelia Füllkrug-Weitzel, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin.

"Je mehr Zeit durch die Blockade vergeht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Lieferkettengesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet werden kann", warnte sie. Grund sei vor allem der Widerstand aus Unternehmerverbänden. Das Wirtschaftsministerium wies den Vorwurf zurück, das Gesetz zu blockieren. Es müssten aber auch die besonderen Belastungen für Unternehmen durch die Corona-Pandemie gesehen werden, hieß es.

Ministerium setzt sich auch für europäische Lösung ein

Die Gespräche der beteiligten Ministerien zu Eckpunkten eines Lieferkettengesetzes dauerten an, das Wirtschaftsministerium beteilige sich konstruktiv daran, erklärte ein Sprecher von Minister Peter Altmaier (CDU) dem epd. Details nannte er nicht. Die Menschenrechte seien ein wichtiges Anliegen, Regelungen zur Haftung von Firmen müssten aber angemessen und durchführbar sein. Sonst würden sich Unternehmen aus bestimmten Ländern zurückziehen, weil sie Pflichten vor Ort nicht umsetzen könnten.

"Wir dürfen dabei insbesondere nicht vergessen, dass wir uns angesichts der Corona-Krise aktuell in einer Rezession befinden und zwar mit Einbrüchen, die die größten in der Geschichte der Bundesrepublik darstellen und viele Unternehmen deutlich belasten", erklärte der Sprecher. Das Ministerium setze sich zudem für eine zügige europäische Lösung ein, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Neue Form des Kolonialismus

Nach Einschätzung Füllkrug-Weitzels gibt es einen breiten gesellschaftlichen Konsens für ein Lieferkettengesetz. "Die Gewerkschaften, die Kirchen und der Rat für nachhaltige Entwicklung haben sich dafür ausgesprochen, auch viele Konsumenten und Konsumentinnen sind dafür", sagte sie. Auch große Unternehmen seien für eine gesetzliche Sorgfaltspflicht entlang der Lieferkette. "Es hakt am massiven Widerspruch und der umfangreichen Lobbyarbeit der großen Unternehmerverbände BDI und BDA", sagte Füllkrug-Weitzel.

"Wir sind für ein Lieferkettengesetz, das die unternehmerische Sorgfaltspflicht auf rechtliche Füße stellt", fügte sie hinzu. Unternehmen könnten durch das Gesetz dafür haftbar gemacht werden, wenn bei Produktion, Verarbeitung und Handel Menschenrechte verletzt werden oder die Umwelt geschädigt wird. "Das ist dann einklagbar", betonte die Pfarrerin. "Wenn in anderen Ländern auskömmliche Löhne gezahlt würden statt Hungerlöhnen, müssten wir nicht immer noch über diese krasse Armut reden."

Füllkrug-Weitzel sprach von einer neuen Form des Kolonialismus. "Global agierende Unternehmen nutzen die Wehrlosigkeit der Armen und die Korruptheit von Regierungen in Entwicklungsländern, um weltweit ungeheures Lohndumping zu betreiben", beklagte sie. "Man nutzt die mangelnde Rechtsstaatlichkeit in diesen Ländern, um maximalen Profit daraus zu schlagen."
 

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