PEN: Schriftsteller in vielen Ländern werden bedroht

Darmstadt - Die Bedrohung von Schriftstellern durch autoritäre Regierungen hält nach Angaben des PEN-Zentrums Deutschland nahezu unverändert an. Die Zahl von jeweils mehr als 200 registrierten Fällen der Repression weltweit in den vergangenen Jahren sei auch 2020 ähnlich hoch, sagte der Vizepräsident des Schriftstellerverbands, Ralf Nestmeyer, dem Evangelischen Pressedienst (epd). In der Skala der Meinungsfreiheit stünden Nordkorea und Eritrea ganz unten, praktisch keine Nachrichten würden von dort nach draußen dringen. Die Zahl der inhaftierten Schriftsteller, Journalisten und Verleger in der Türkei sei weiterhin hoch, auch China und arabische Länder fielen weiterhin durch Inhaftierungen besonders auf.

In Europa kritisierte Nestmeyer den Prozess gegen den Wikileaks-Gründer Julian Assange in Großbritannien. Das Verfahren erfülle im Hinblick auf den Vorwurf der Anklage, die lange Haftzeit und den weitgehenden Ausschluss der Öffentlichkeit nicht die Standards der Rechtsstaatlichkeit.

Zum internationalen "Tag des inhaftierten Schriftstellers" am 15. November erinnert der PEN beispielhaft an das Schicksal von fünf Schriftstellern und Journalisten. So sei in China die uigurische Dichterin und leitende Herausgeberin des staatlichen Verlages Kashgar Publishing House, Chimengul Awut, wegen "problematischer" Bücher im Juli 2018 in Kashgar festgenommen und in ein Umerziehungslager gebracht worden.

In der Türkei sitze der türkische Verleger und Kulturförderer Osman Kavala seit drei Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Silivri bei Istanbul in Einzelhaft, kritisierte der PEN. Im Oktober habe die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift verschärft und für den Kritiker des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eine lebenslange Haftstrafe gefordert. Am 18. Dezember solle die erste Gerichtsverhandlung stattfinden. In Peru sei die Investigativjournalistin Paola Ugaz infolge von Straf- und Zivilklagen vor Gericht gezogen worden, weil sie Fälle von physischer und psychischer Gewalt durch die konservativ-katholische Gruppierung "Sodalitium Christianae Vitae" aufgedeckt habe.

Außerdem erinnert der PEN an den ugandischen Schriftsteller und Journalisten Kakwenza Rukirabashaija, der wegen Kritik an Staatspräsident Yoweri Kaguta Museveni im September verhaftet worden sei. Seitdem er auf Kaution freigelassen worden sei, müsse er sich wöchentlich 240 Kilometer von seinem Wohnort entfernt melden und werde widerrechtlich überwacht. Ferner macht der Schriftstellerverband auf die iranische Rechtswissenschaftlerin und Schriftstellerin Sedigheh Vasmaghi aufmerksam, die im August erneut zu einer Haftstrafe verurteilt worden sei, diesmal zu einem Jahr Gefängnis. Vasmaghi hatte eine Erklärung gegen das gewaltsame Vorgehen von Sicherheitskräften gegen Proteste unterzeichnet. 

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