Afghanische Ministerin warnt vor überstürztem Truppenabzug 

Schwerte/Aachen - Die afghanische Staatsministerin für Menschenrechte, Sima Samar, hat vor einem überstürzten Abzug der ausländischen Truppen aus ihrem Land gewarnt. Der Rückzug der US- und anderer Nato-Truppen sollte wohlbedacht erfolgen, sagte Samar am Wochenende bei einer Video-Tagung der Evangelischen Akademie Villigst im nordrhein-westfälischen Schwerte. Der Leiter der Delegation der Europäischen Union in Afghanistan, der Diplomat Andreas von Brandt, erklärte, dass die Sorge um Sicherheit zurzeit alles dominiere.

Samar betonte, während der innerafghanischen Friedensverhandlungen müssten die afghanischen Sicherheitskräfte unterstützt werden. "Sonst entsteht ein Vakuum." US-Präsident Donald Trump hatte vor wenigen Tagen den Abzug von 2.000 der noch 4.500 US-Soldaten bis Januar angekündigt. 

"Wir haben immer noch einen sehr aggressiven Konflikt, wir haben noch keinen dauerhaften Frieden", sagte die 63-jährige Ärztin und Politikerin Samar. Sie nannte eine Waffenruhe, die Bekämpfung der Korruption und ein Ende der Straflosigkeit als zentrale Punkte eines Friedensabkommens mit den radikal-islamischen Taliban. Wenn es keine gute Regierungsführung gebe, begünstige dies die Taliban: "Wir brauchen die Herrschaft des Rechts statt der Herrschaft des Gewehrs." 

Botschafter Matthias von Brandt unterstrich die Notwendigkeit eines sofortigen Waffenstillstands. Eine Reduzierung der Gewalt sei aus Sicht der Europäischen Union nicht mehr ausreichend, sagte er bei der Videokonferenz. 

Der angekündigte US-Truppenabzug führe zu einem Überdenken der Sicherheitslage, betonte er. Unter diesen neuen Rahmenbedingungen müsse überlegt werden, "was wir als EU tun können". "Wir brauchen ein gewisses Maß an Sicherheit", sagte er. Der Leiter der EU-Delegation versicherte, dass die EU zu ihrer Verantwortung stehe. Das Ziel des von Europa unterstützten Wiederaufbaus müsse eine sich selbst tragende Wirtschaft sein. Daneben gehe es auch um die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und guter Regierungsführung, betonte von Brandt. 

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