UN-Hochkommissarin prangert Kriegsführung in Äthiopien an

Genf - Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hat die Kriegsführung in Äthiopiens Tigray-Region als grausam angeprangert. Es gebe Berichte über Artilleriebeschuss auf Wohngebiete, gezielte Angriffe auf Zivilisten, willkürliche Tötungen und weit verbreitetes Plündern, kritisierte Bachelet am Dienstag in Genf. Die Kriegsparteien scherten sich nicht um den Schutz von Zivilisten.

Die Kämpfe zwischen Äthiopiens Armee und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) dauerten an. Bachelet verlangte von der äthiopischen Regierung, humanitären Helfern freien Zugang zur Bevölkerung in Tigray zu gewähren. Zudem verlangte sie eine unabhängige Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen und Verstößen gegen das Völkerrecht in Tigray.

Die nationale Wahlkommission Äthiopiens kündigte an, die in diesem Jahr wegen Corona abgesagten Parlaments- und Regionalwahlen für Ende Mai oder Anfang Juni 2021 zu planen. Sprecherin Soliana Shimelis sagte dem britischen Rundfunksender BBC, die Vorbereitungen dazu liefen. Oppositionsparteien kritisierten, wegen der Repressalien der Regierung könnten sie sich nicht auf Wahlen vorbereiten. Die Oromo-Befreiungsfront (OLF) erklärte, praktisch alle ihre Führungspersönlichkeiten und Partei-Offiziellen seien in Haft, ihre Büros geplündert, geschlossen oder unter staatlicher Kontrolle. Ministerpräsident Abiy Ahmed hatte bereits bei seinem Amtsantritt 2018 faire und freie Wahlen versprochen.

52.000 Menschen in den Sudan geflüchtet

Unterdessen befürchtet das Flüchtlingshilfswerk UNHCR die Vertreibung von weiteren Zehntausenden Menschen aus Tigray ins Ausland. Bis Mitte kommenden Jahres könnten insgesamt 115.000 Kinder, Frauen und Männer vor der Gewalt über die Grenzen fliehen, teilte ein Sprecher des Hilfswerks UNHCR mit. In den vergangenen sechs Wochen seien bereits 52.000 Menschen aus Tigray in den Sudan geflüchtet, erklärte der UNHCR-Sprecher Andrej Mahecic. Auch Dschibuti und Eritrea könnten zum Ziel für Flüchtlinge werden.

Anfang November begannen die Kämpfe zwischen der äthiopischen Armee und der Volksbefreiungsfront von Tigray, welche die regionale Regierung stellte. Die Region ist weitgehend abgeschottet. Unabhängige Berichte dazu gibt es nicht. Die Tigray-Minderheit hatte im Vielvölkerstaat Äthiopien lange Zeit eine entscheidende Stellung in Politik und Armee, seit dem Machtantritt von Ministerpräsident Abiy hat sie an Einfluss verloren. Abiy ist der erste Regierungschef, der der größten Volksgruppe der Oromo angehört. 

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