Böll-Stiftung und BUND stellen "Fleischatlas 2021" vor

Weltweit wird immer mehr Fleisch gegessen. Für das Klima, die Wälder und die Artenvielfalt ist dies bedrohlich, sagen Umweltschützer. Sie fordern von der Politik ein radikales Umsteuern.

Berlin - Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung haben von der Bundesregierung einen grundlegenden Umbau der Fleischproduktion gefordert. Ohne einen Kurswechsel steige der Fleischverbrauch weiter und verschärfe die Klimakrise, erklärten Stiftungsvorstand Barbara Unmüßig und der Vorsitzende des BUND, Olaf Bandt, am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung des "Fleischatlas 2021".

Zur Verringerung des Fleischkonsums schlagen sie unter anderem zielgruppenspezifische Informationskampagnen vor. Außerdem würden eine Erhöhung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent sowie die Förderung pflanzlicher Ernährung in Kitas, Schulen und Krankenhäusern helfen. Ziel sollte eine Halbierung des Konsums tierischer Produkte bis 2050 sein. Würde der Fleischverbrauch von etwa 1,1 Kilogramm auf 600 Gramm pro Woche reduziert, könnten Schweine- und Mastgeflügelbestände um mehr als 40 Prozent verringert werden, heißt es im "Fleischatlas 2021". Er bietet auf mehr als 50 Seiten Grafiken und Fakten über die Fleischproduktion und den Konsum weltweit.

Tierhaltung verursacht 14,5 Prozent der globalen Emissionen

Demnach könnte die weltweite Fleischproduktion ohne Kurswechsel bis 2028 um 40 Millionen Tonnen auf rund 360 Millionen Tonnen im Jahr steigen. Eine derartige Zunahme bei einem weiterhin zu hohen Pro-Kopf-Konsum in den Industrieländern verschärfe die Auswirkungen der Klimakrise für viele Menschen. Bereits jetzt verursache die Tierhaltung 14,5 Prozent der globalen Emissionen, sagte Unmüßig. Die industrielle Fleischproduktion sei nicht nur verantwortlich für prekäre Arbeitsbedingungen, sondern vertreibe Menschen von ihrem Land und befeuere Waldrodungen, Pestizideinsätze und Artenverluste.

Bandt betonte, die Politik müsse dem gesellschaftlichen Wunsch nach einem Umbau der Tierhaltung Rechnung tragen. Eine Agrarwende sei deshalb ohne eine Ernährungswende nicht zu schaffen: "Niedrige Preise machen es den Bäuerinnen und Bauern schwer, auf die gestiegenen Anforderungen nach mehr Umweltschutz und mehr Tierwohl zu reagieren." Er unterstütze deshalb die aktuellen Proteste der Bäuerinnen und Bauern gegen die Preispolitik des Lebensmitteleinzelhandels.

Deutschland exportiert riesige Mengen Fleisch und Milch

Aktuell ist Deutschland in der EU Spitzenreiter bei der Erzeugung von Schweinefleisch und Milch: "Riesige Mengen werden exportiert. Diese Abhängigkeit vom Weltmarkt schadet der Umwelt, den Tieren und den bäuerlichen Betrieben", sagte Bandt. Auf immer weniger Höfen lebten immer mehr Tiere. Seit 2010 sei die Tierzahl pro Betrieb bei Mastschweinen von 398 auf 653 gestiegen. Bedenklich sei der Anstieg gerade in Nordrhein-Westfalen und Niedersachen: "Dort, wo bereits überdurchschnittlich viele Tiere gehalten werden." Damit werde die Verschmutzung des Grundwassers in diesen Regionen weiter verschärft, so Bandt.

Unter Verweis auf eine für den "Fleischatlas" in Auftrag gegebene Umfrage heißt es: Mehr als 70 Prozent der 15- bis 29-Jährigen lehnten die Fleischproduktion in Deutschland in ihrer jetzigen Form ab. 40 Prozent geben an, wenig Fleisch zu essen und 13 Prozent ernähren sich ausschließlich vegetarisch oder vegan - doppelt so viele wie im Gesamtdurchschnitt der Bevölkerung. Überschrieben ist das Kapitel: "Weniger Fleisch, mehr Future".
 

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