Expertin: CO2-Abgabe würde Wirtschaft in Entwicklungsländern schaden

Brüssel - Die Hilfsorganisation Oxfam sieht in der geplanten EU-Abgabe auf Importe mit hohem Treibhausgasausstoß eine Gefahr für die Wirtschaft in Entwicklungsländern. Das sogenannte CO2-Grenzausgleichssystem könnte deren Ausfuhren in die Union wegen der höheren Kosten verringern, sagte Oxfam-Expertin Chiara Putaturo dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Brüssel. „Und eine Senkung der Exporte kann Folgen für die Beschäftigung und die Staatseinnahmen in diesen Ländern haben.“

Die geplante Abgabe ist Teil des „Fit for 55“-Pakets zur Klimapolitik, das die EU-Kommission im Juli vorgeschlagen hat. Sie würde den Emissionshandel ergänzen, bei dem Unternehmen in der EU für ihren Treibhausgasausstoß Zertifikate vorweisen müssen. Ähnliche Zertifikate würden mit dem Grenzausgleichssystem für die Einfuhr bestimmter Güter fällig, bei deren Herstellung viel Treibhausgas frei wurde - beispielsweise Stahl, Dünger und Zement. So soll das Abwandern von Produktion und damit von Emissionen in Drittländer („carbon leakage“) verhindert werden.

Indien, Tunesien und Mosambik wären betroffen - neben weiteren

Unter den Entwicklungsländern wäre zum Beispiel Mosambik mit seinen Aluminium-Exporten in die EU stark betroffen, erklärte Putaturo. Indien könnte die Abgabe bei seinen Exporten von Eisen und Stahl treffen, Tunesien bei Düngemitteln, machte die Oxfam-Expertin unter Berufung auf Daten des Instituts für Europäische Umweltpolitik (IEEP) und der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Unctad) geltend.

Die mit den Exporten wegfallenden Gelder könnten für einen „grünen Übergang“ der Wirtschaft in den Entwicklungsländern fehlen und so die Klimapolitik unterminieren, warnte Putaturo. Davon abgesehen sei der Vorschlag „unfair“, weil Industrieländer wie die der EU den größten Teil zum Klimawandel beigetragen haben. „Die Verantwortung der ärmsten Länder ist viel geringer.“

Oxfam plädiert deshalb einerseits für die zeitweilige Befreiung der ärmsten Länder („LDCs“) von der Abgabe, sobald diese eingeführt wird. Daneben sollten die dann bei Importen aus Schwellen- und Industrieländern eingenommenen Gelder auch dafür verwandt werden, die Wirtschaft der LDCs umzubauen: „Damit sie grünere Technologien einführen und CO2-Emissionen reduzieren.“ Auf lange Sicht könnten die LDCs dann ebenfalls die EU-Abgabe tragen, so Putaturo.

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