Impfstoffe: Ugandischer Menschenrechtler droht Deutschland mit Klage

Berlin - Der ugandische Menschenrechtsaktivist Mulumba Moses hat eine Freigabe der Patente auf Corona-Impfstoffe bei der deutschen Bundesregierung beantragt. Sollte sich die Bundesregierung bei der Welthandelsorganisation (WTO) nicht für eine Aussetzung des Patentschutzes einsetzen, müsse sie mit einer Klage rechnen, teilten die Hilfsorganisation Medico International und das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) am Freitag in Berlin mit. Der von den beiden Organisationen unterstützte ugandische Staatsbürger beruft sich auf das Grundgesetz, weil dessen Geltung nicht territorial begrenzt sei.

In einem bereits am Mittwoch an die Bundesregierung adressierten Anspruchsschreiben fordert Moses' Anwältin, Anna Gilsbach, die Bundesregierung auf, bei der WTO für eine vorübergehende Aufhebung des Patentschutzes zu stimmen. Das Beharren auf den geistigen Eigentumsrechten verknappe die Verfügbarkeit von Impfstoffen in Uganda und gefährde somit die körperliche Unversehrtheit ihres Mandanten. Zwar sei Moses mit dem Vakzin von Astrazeneca immunisiert, er habe jedoch keinen Zugang zu einem der wirksameren mRNA-Impfstoffe, etwa von den Herstellern Biontech/Pfizer oder Moderna.

Die Bundesregierung müsse der Aufhebung des Patentschutzes zustimmen, weil Moses auch als in Uganda lebende Person dem Schutz des Grundgesetzes unterliege, argumentiert die Anwältin. Ihr Mandant habe „einen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, vor Verletzungen seines Lebens und seiner körperlichen Unversehrtheit geschützt zu werden“. Das schließe auch das Abstimmverhalten Deutschlands innerhalb einer Organisation wie der WTO ein. Zudem beruft sie sich in dem Schreiben auf internationale menschenrechtliche Verpflichtungen Deutschlands.

Ab Dienstag verhandeln WTO-Mitgliedsstaaten

Die Leiterin der Abteilung für Wirtschaft und Menschenrechte des ECCHR, Miriam Saage-Maaß, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Verschickung des Anspruchsschreibens sei ein erster Schritt. Sollte die Bundesregierung dem Anliegen nicht nachkommen, werde Moses vor das Bundesverfassungsgericht ziehen oder bei einem Verwaltungsgericht eine Klage einreichen. „Geistige Eigentumsrechte dürfen nicht über dem Menschenrecht auf Gesundheit und Leben stehen“, sagte sie.

Ab Dienstag verhandeln die WTO-Mitgliedsstaaten in Genf abermals über eine zeitweise Aussetzung der Patente auf Corona-Impfstoffe und Medikamente. Bereits im Herbst 2020 hatten Indien und Südafrika eine vorübergehende Aufhebung des Patentschutzes bei der WTO beantragt. Inzwischen engagieren sich mehr als 100 Länder für das Anliegen, auch die USA zeigten sich offen. Die deutsche Regierung hingegen hielt bisher am Patentschutz fest.

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