Kolonialverbrechen: Herero und Nama fordern neue Verhandlungen

Berlin - Nachfahren der Opfer deutscher Kolonialverbrechen in Namibia fordern eine Neuverhandlung des deutsch-namibischen Abkommens zum Völkermord an Herero und Nama. Die legitimen Vertreter der Opfergruppen müssten - anders als bisher - daran beteiligt werden, heißt es in einer am Mittwoch bei einer Online-Pressekonferenz vorgestellten Petition, die an Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) adressiert ist. „Deutschland brüstet sich mit seiner selbstkritischen Erinnerungskultur, insbesondere was das Gedenken an den Holocaust angeht“, heißt es. Der deutsche Kolonialismus werde aber „zu oft unter dem Tisch gekehrt“.

Deutsche Kolonialtruppen schlugen zwischen 1904 und 1908 im damaligen Deutsch-Südwestafrika Aufstände der Ovaherero, im deutschen Sprachgebrauch meist im Singular Herero, und Nama brutal nieder. Mehr als 80.000 Menschen wurden getötet oder verdursteten in der Wüste. 2015 begannen Verhandlungen zwischen Namibia und Deutschland über Zahlungen und eine Entschuldigung für die Verbrechen. Deutscher Verhandlungsführer war Ruprecht Polenz (CDU). Neben der Anerkennung als Völkermord wurde vereinbart, dass Deutschland die Nachfahren der Ovaherero und Nama mit einem Programm in Höhe von 1,1 Milliarden Euro unterstützt. Rechtliche Ansprüche auf Entschädigung sollten sich daraus aber nicht ableiten lassen. Baerbock wird nun aufgefordert, die „Fehler des konservativen Verhandlungsführers“ wieder gutzumachen.

Das Abkommen wurde formell noch nicht unterzeichnet. Die Nachfahren von Ovaherero und Nama haben heftige Kritik daran, weil ihre Forderungen nicht berücksichtigt wurden. Der Völkermord betreffe die Existenz der Gemeinschaften bis heute, betonen sie. So sei 70 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche Namibias in den Händen weißer Siedler, von denen ein großer Teil deutscher Abstammung seien. Viele Ovaherero und Nama seien hingegen bis heute mittellos und lebten in Reservaten.

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