Menschenrechtler: Covid hat Protestbewegungen weltweit nicht gestoppt

Frankfurt a.M., Genf - Weltweit halten Proteste gegen Unrechtsregime und Ungleichheit laut dem Menschenrechtsexperten Kenneth Roth trotz der Corona-Pandemie an. „Die Maßnahmen gegen Covid-19 haben soziale Bewegungen gebremst, aber nicht gestoppt“, sagte der Chef von Human Rights Watch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Viele Regierungen hätten die Pandemie zwar als Vorwand benutzt, um Kritik und Opposition zu unterdrücken. „Aber ich bin im Laufe des vergangenen Jahres sehr beeindruckt gewesen über die vielen großen Demonstrationen für Demokratie und gegen Autokratie.“ Die Menschen hätten sich der Gefahr ausgesetzt, festgenommen oder gar erschossen zu werden, wie beispielsweise in Myanmar, dem Sudan, Kuba, Hongkong, Thailand und Nicaragua sowie im Jahr davor in Belarus.

Auch der russische Präsident Wladimir Putin habe mit Verweis auf Covid-19 Demonstrationen verboten, zuletzt sogar von einzelnen Personen, sagte Roth, der die Menschenrechtsorganisation seit 1993 leitet. „Es ging dabei darum, jeglichen Protest zu unterdrücken.“ In Uganda habe Staatschef Yoweri Museveni Wahlkampfkundgebungen der Opposition wegen Corona verboten und auf Teilnehmende unerlaubter Veranstaltungen schießen lassen. Aber der Widerstand bleibe lebendig - „und das ist tatsächlich ein globales Phänomen“.

Autokraten "mit dem Rücken zur Wand"

„Diese massiven öffentlichen Forderungen nach Demokratie, die die Grundrechte respektiert, hat viele Autokraten in Panik versetzt“, betonte Roth. Sie versuchten noch entschiedener, Kritik zu verhindern, aber sie müssten vielerorts ihre Taktiken ändern. Es reiche ihnen nicht mehr aus, Wahlen zu manipulieren, sagte der Menschenrechtler. „Jetzt halten sie diese kompletten Wahl-Farcen ab, so wie Daniel Ortega in Nicaragua, der alle Oppositionskandidaten inhaftieren ließ, und Alexander Lukaschenko, der das Gleiche in Belarus getan hat.“

„Ich sehe solche Herrscher also trotz der Pandemie ziemlich mit dem Rücken zur Wand, weil die Menschen sie immer mehr durchschauen“, sagte der Jurist. In vielen Fällen habe ihr Versagen bei der Pandemiebekämpfung ihre Autorität untergraben und gezeigt, dass sie in erster Linie sich selber dienten statt dem Volk. „Es ist gerade eine beängstigende Zeit, um Autokrat zu sein.“

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