Engagiert gegen die schwersten Verbrechen: Carla Del Ponte wird 75

Den Haag - Carla Del Ponte ist für ihre Durchsetzungskraft bekannt - und ihre Direktheit. Den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad nannte sie „einen der größten Verbrecher“. Dem Vatikan warf sie vor, in Kroatien einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher in einem Kloster zu schützen. Del Ponte hat als Staatsanwältin die Verbrechen der Mafia verfolgt und als Anklägerin von UN-Tribunalen Kriegsverbrecher gejagt. Am Mittwoch wird die Schweizer Juristin und Diplomatin 75.

Als Schweizer Generalstaatsanwältin wurde Del Ponte durch ihr unerschrockenes Auftreten gegen die Wirtschaftskriminalität bekannt. 1999 wurde sie Chefanklägerin der UN-Tribunale für das frühere Jugoslawien und Ruanda. Sie ermittelte wegen Verbrechen während der Balkan-Kriege und dem Völkermord in Ruanda. Sie erhob unter anderem Anklage gegen den früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic. Del Ponte scheute sich nicht, heikle Themen anzufassen. Unter anderem wollte sie Nato-Bombardierungen in Belgrad und mutmaßliche Verbrechen der ruandischen Regierung untersuchen.

Lebenslanger Einsatz für Gerechtigkeit

Viele internationale Top-Juristen bevorzugen die Arbeit im Stillen und versuchen mit geheimer Diplomatie an Beweise zu kommen oder sich die Unterstützung von Regierungen zu sichern. Del Ponte hingegen wollte ihre Ziele erreichen, indem sie öffentlichen Druck erzeugte.

2003 wurde die Rolle des Chefanklägers der UN-Tribunale für Ruanda und Jugoslawien auf zwei Personen verteilt. Del Ponte war nur noch für das frühere Jugoslawien zuständig. Manche Beobachter - vor allem sie selbst - gingen davon aus, dass ihr das Amt auf Druck der ruandischen Regierung abgenommen wurde. Nach dem Ablauf ihrer Amtszeit am Jugoslawien-Tribunal wurde sie 2008 Botschafterin der Schweiz in Argentinien.

Seit 2011 ist Del Ponte im Ruhestand, setzt sich aber weiterhin für die Verfolgung schwerer Verbrechen ein. So war sie Mitglied einer Ermittlungskommission für Syrien des UN-Menschenrechtsrats, trat aber 2017 zurück - sie hielt die Kommission für gescheitert, weil für die Verbrechen in Syrien kein Tribunal gegründet wurde, das die Täter hätte anklagen können. Die Kommission habe wegen fehlender Unterstützung der internationalen Gemeinschaft nicht einmal ermitteln können, sondern nur Verbrechen auflisten können, erklärte Del Ponte. Im vergangenen Jahr erschienen ihre Memoiren. Sie sind ein Zeugnis ihres lebenslangen Einsatzes für Gerechtigkeit.

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