Menschenrechtler: Äthiopien wird wegen Ukraine-Krieg vergessen

Berlin - Der Ukraine-Krieg lenkt Deutschland und Europa nach Wahrnehmung des Menschenrechtlers Dan Yirga Haile von Kriegsverbrechen und Massenverhaftungen in Äthiopien ab. Seit dieser Konflikt „die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zieht, geraten wir in Vergessenheit“, sagte der Direktor des unabhängigen Äthiopischen Menschenrechtsrates im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Unsere Regierung nutzt das aus, wie die jüngsten Massenverhaftungen zeigen.“ Erst vor etwa einer Woche wurden laut Medienberichten in der Amhara-Region mehr als 4.500 Menschen festgenommen, darunter mehrere Journalisten.

Der Äthiopischen Menschenrechtsrat wird am Montag bei einer Festveranstaltung im Berliner Maxim-Gorki-Theater für sein mehr als 30-jähriges Engagement von Amnesty International ausgezeichnet. Ihr Einsatz sei für die Beschäftigten mit persönlichen Gefahren verbunden. Mit dem Menschenrechtspreis würdigt die deutsche Sektion von Amnesty alle zwei Jahre Persönlichkeiten und Organisationen, die sich unter schwierigen Bedingungen für die Menschenrechte einsetzen. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.

Aufruf an die deutsche Regierung, Äthiopien in den Blick zu nehmen

In Äthiopien herrscht ein blutiger Konflikt zwischen Zentralregierung und lokalen bewaffneten Gruppen in den nördlichen Regionen Tigray, Afar und Amhara. Grundrechte wie Presse- und Meinungsfreiheit sind deutlich eingeschränkt, allen Konfliktparteien werden Kriegsverbrechen vorgeworfen. Dan Yirga Heile rief die deutsche Regierung auf, „auch wieder genauer auf die Menschenrechtslage in Äthiopien und anderen afrikanischen Ländern zu schauen“.

Dem Menschenrechtler zufolge werden derzeit in Äthiopien viele Kritiker der Regierung und politische Meinungsführer festgenommen. „Auch Journalisten sind betroffen, und zwar nicht, weil sie sich strafbar gemacht haben, sondern einfach nur, weil sie ihrer Arbeit nachgehen“, sagte er. In den vergangenen vier Wochen sei es wieder schlimmer geworden, die Zahl inhaftierter Journalisten nehme zu. „Ein Reporter wurde sogar aus seinem Haus entführt und war tagelang verschwunden.“ In der äthiopischen Verfassung sei die Meinungsfreiheit verankert, „aber genau das Gegenteil wird im Moment praktiziert“.

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