Keine Verleihfeier: Jury des Göttinger Friedenspreises tritt zurück

Göttingen - Eklat beim Göttinger Friedenspreis: Die dreiköpfige Preisjury unter Vorsitz des Journalisten Andreas Zumach ist mit sofortiger Wirkung zurückgetreten, wie das Gremium am Montag mitteilte. Als Grund nannte die Jury, dass die den Preis vergebende Stiftung mehrheitlich entschieden habe, die bislang für den 10. September angekündigte öffentliche Verleihung des Friedenspreises 2022 an das zivilgesellschaftliche deutsch-russische Projekt „Musik für den Frieden“ abzusagen.
Die Verleihfeier solle eventuell zu einem unbestimmten späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Die Stiftung vergibt die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung jährlich seit 1989.

„Wir haben als Mitglieder der Jury, die dieses Projekt im August letzten Jahres ausgewählt hatten, alle drei gegen diese Absage gestimmt“, heißt es in der Erklärung der Juroren an die Stiftung. „Wir halten Ihre Entscheidung für einen großen Fehler.“

Die Entscheidung spiele der „derzeitigen massiven Feindpropanda der Regierung Putin und der staatlich gelenkten russischen Medien gegen den Westen in die Hände“, erklärte die Jury weiter: „Wir fürchten, dass Ihre Entscheidung zu großer Enttäuschung und Entmutigung bei den an dem Friedensprojekt beteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen führen wird.“ Diese hätten sich sehr auf die Verleihfeier in Göttingen gefreut und sich bereits auf ihren dortigen Auftritt vorbereitet: „Insbesondere die russischen Mitbeteiligen, die trotz der Feindpropaganda aus Moskau an dem Projekt festhalten und zu einer Reise nach Deutschland bereit waren, hätten eine Ermutigung gebraucht.“

Zumach zufolge hatte das Organisationskomitee für die Preisverleihung in einem Schreiben vom 11. Juni an Stiftungsmitglieder über ein Gespräch mit der Göttinger Polizei berichtet. Dieses Gespräch habe ergeben, dass bei der Preisverleihung mit erheblichen Demonstrationen und Störversuchen von „Kriegsgegnern und Russlandbefürwortern“ zu rechnen sei. Dem Jury-Vorsitzenden Zumach zufolge sind konkrete Sicherheitsbedenken und Gefährdungen seitens der Stiftung bislang aber nicht benannt worden.

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