Frankfurt a.M./Yangon - Trotz weltweiter Proteste hat Myanmars Militärjunta erstmals seit Jahrzehnten wieder Todesurteile vollstrecken und vier Männer hinrichten lassen. Das berichtete am Montag unter anderem die staatliche Zeitung „Global New Light of Myanmar“. Die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen äußerten sich entsetzt.
Zu den Exekutierten gehören der frühere Parlamentsabgeordnete und Hip-Hop-Künstler Phyo Zeya Thaw (41) sowie der prominente Demokratieaktivist Kyaw Min Yu (53), bekannt unter dem Namen „Ko Jimmy“. Das Militärregime hatte ihnen Terrorismus und Konspiration mit oppositionellen Milizen vorgeworfen.
Die Gerichtsverfahren hatten unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, erklärte, er sei erschüttert über die Nachricht. „Diese abscheulichen Taten müssen einen Wendepunkt innerhalb der Weltgemeinschaft herbeiführen“, schrieb Andrews bei Twitter und fragte: „Was muss die Militärjunta noch tun, damit die internationale Gemeinschaft zu entschlossenen Maßnahmen bereit ist?“
Familien erfuhren durch Medien von Exekutionen
Human Rights Watch sprach von einem „Akt äußerster Grausamkeit“. Dieser sei dadurch verschlimmert worden, dass die Familien der Ermordeten erst durch Medienberichte von den Exekutionen erfahren hätten. Die internationale Gemeinschaft müsse die Freilassung aller politischen Gefangenen in Myanmar fordern und die Junta wissen lassen, dass die von ihr begangenen Gräuel Konsequenzen hätten, forderte die amtierende Asienchefin der Organisation, Elaine Pearson.
Diese Hinrichtungen bedeuteten eine willkürliche Tötung und seien ein weiteres Beispiel für die grausame Menschenrechtsbilanz Myanmars, kritisierte auch der für die Region zuständige Direktor von Amnesty International, Erwin van der Borght. Ähnlich äußerte sich das Netzwerk Progressive Voice: „Wir sind empört und zutiefst traurig über die schreckliche Nachricht der Ermordung der vier Demokratieaktivisten“, erklärte der Vorsitzende Khin Ohmar. Dass die Militärjunta bei ihrer Kampagne des Terrors gegen Myanmars Bevölkerung straflos ausgehe, sei der Unfähigkeit der Weltgemeinschaft zuzuschreiben.
Phyo Zeya Thaw war einst Parlamentarier der Partei „Nationale Liga für Demokratie“ unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Deren zivile Regierung war am 1. Februar vergangenen Jahres gestürzt worden. Kyaw Min Yu alias "Ko Jimmy” gehörte zu den Köpfen der Studentenproteste 1988 gegen die damalige Militärjunta.
Seit dem Putsch wurden 113 Todesurteile ausgesprochen
Seit dem Putsch 2021 haben die Militärgerichte in dem südostasiatischen Land laut Medienberichten bis Anfang Juni mindestens 113 Todesurteile ausgesprochen, unter anderem wegen angeblichen Hochverrats, Aufwiegelung sowie bewaffneten Widerstands gegen die Junta. Zu den Verurteilten gehören auch Minderjährige. Seit 1988 wurde in Myanmar offiziell niemand mehr unter den Bestimmungen des betreffenden Gesetzes hingerichtet, die Todesstrafe jedoch beibehalten. Die Junta hatte die Hinrichtungen von Phyo Zeya Thaw und Kyaw Min Yu im Juni angekündigt, aber zunächst kein Datum genannt.
Ende Juni war Myanmars gestürzte De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi vom Hausarrest in ein Gefängnis in der Hauptstadt Naypyidaw verlegt worden. Die 77-Jährige befindet sich laut Medienberichten in Einzelhaft. Bislang wurde sie in mehreren Verfahren zu elf Jahren Haft verurteilt. Insgesamt laufen mindestens 17 Klagen gegen Suu Kyi. Bei Höchststrafen drohen ihr bis zu 200 Jahre Haft.
Laut der Gefangenen-Hilfsorganisation AAPP wurden seit dem Putsch mehr als 14.800 Personen verhaftet. Die meisten sitzen bis heute hinter Gittern. Zudem wurden bislang mindestens 2.114 Menschen bei Protesten gegen das Militärregime getötet.