Kritik an Ausweitung des Arbeitsverbots für afghanische Frauen

Die Taliban schränken die Rechte von Frauen in Afghanistan weiter ein. Nach einem neuen Beschluss ist ihnen nun auch verboten, für UN-Organisationen zu arbeiten. Die Bundesregierung verurteilt den Schritt.

Berlin, Kabul - Der Beschluss der Taliban, das Arbeitsverbot für Frauen in Afghanistan auf UN-Organisationen auszuweiten, ist international auf scharfe Kritik gestoßen. „Nie zuvor hat ein Land versucht, Frauen aus den Organisationen der Vereinten Nationen zu verbannen“, sagte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) am Donnerstag. Auch UN-Generalsekretär António Guterres und Hilfsorganisationen verurteilten die Entscheidung der radikalislamischen Machthaber. 

Schulze sagte, ein solches Verbot schade nicht nur Frauen, sondern der Entwicklung des ganzen Landes. Kritik kam auch aus dem Auswärtigen Amt. Das Verbot werde auf „das Schärfste“ verurteilt, hieß es. Deutschland stimme das weitere Vorgehen mit seinen Partnern ab, um so viele Spielräume wie möglich für die Versorgung der Menschen zu erhalten. Klar sei, dass man sich nicht zu „Handlangern der Taliban“ mache.

Ein neuer Beschluss der Taliban untersagt einheimischen Frauen die Arbeit für UN-Organisationen. Das Verbot gilt den Vereinten Nationen zufolge im ganzen Land. Damit weiten die Taliban das international scharf kritisierte Arbeitsverbot für Frauen bei nationalen und internationalen Hilfsorganisationen aus, das sie Ende Dezember verhängt hatten. Viele Hilfsorganisationen haben daraufhin ihre Arbeit eingestellt oder können nur eingeschränkt weiterarbeiten.

"Noch nie ein vergleichbares Arbeitsverbot für Frauen"

Nach Angaben der UN-Sondergesandten für Afghanistan, Roza Otunbayeva, gab es in der Geschichte der Vereinten Nationen noch kein vergleichbares Arbeitsverbot für Frauen. Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Mitarbeitenden wurden laut der UN-Mission in Afghanistan (Unama) angewiesen, vorerst nicht zur Arbeit zu erscheinen. Kritik an der Ausweitung des Verbots kam zudem aus der Europäischen Union. Kommissionssprecher Peter Stano sprach auf Twitter von einer „entsetzlichen Entscheidung“.

Hilfsorganisationen zeigten sich besorgt über die Folgen für die humanitäre Versorgung. Die Situation sei bereits jetzt dramatisch, sagte die Sprecherin der Welthungerhilfe, Simone Pott, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ohne die weiblichen Angestellten könnten die Frauen und Mädchen im Land nicht mehr adäquat versorgt werden.

„Ärzte ohne Grenzen“ erklärte, keine Hilfsorganisation könne ohne weibliche Angestellte mit voller Kapazität Hilfe leisten. Die Entscheidung der Taliban sei „ein weiterer Schritt in dem systematischen Versuch, Frauen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens auszuschließen“.

In Afghanistan herrscht laut den UN eine beispiellose humanitäre Krise. Mehr als 28 Millionen der etwa 43 Millionen Einwohner sind demnach auf Unterstützung angewiesen. Sechs Millionen Menschen stünden an der Schwelle zu einer Hungersnot. UN-Organisationen wie das Welternährungsprogramm spielen bei der Versorgung der Menschen eine wichtige Rolle. Das Auswärtige Amt hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben humanitäre Hilfsleistungen in Höhe von etwa 330 Millionen Euro für Afghanistan bereitgestellt. Die Unterstützung wurde ausschließlich über Hilfsorganisationen geleistet.

Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!