Gefechte im Sudan trotz 72-Stunden-Feuerpause

Auch die vierte angekündigte Waffenruhe im Sudan wird nicht eingehalten, obwohl sie so nötig wäre für die Versorgung der Menschen. Während zunehmend Ausländer ausgeflogen werden, ist es für die Bevölkerung immer schwieriger zu überleben.

Nairobi, Khartum - Nach der Vereinbarung einer 72-stündigen Waffenruhe sind im Sudan am Dienstag immer noch Kämpfe gemeldet worden. Die Feuerpause werde nicht komplett eingehalten, berichtete der britische Sender BBC unter Berufung auf Augenzeugen. Auf den Straßen der Hauptstadt Khartum sei es nach wie vor äußerst gefährlich. Der arabische Sender Al-Dschasira sprach von Gefechten mit schwerem Geschütz. Auch in anderen Landesteilen wurde lokalen Medien zufolge gekämpft.

Derweil versuchen laut den Vereinten Nationen Zehntausende Menschen sich in den Nachbarländern in Sicherheit zu bringen. Bis zu 270.000 Menschen könnten demnach in den Tschad und in den Südsudan flüchten, viele von ihnen Südsudanesen und Südsudanesinnen, die vor der Gewalt in ihrer Heimat in den Sudan geflohen waren. Die Versorgung der Menschen werde immer schwieriger, erklärte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Der Sudan beherbergt demnach über eine Million Flüchtlinge aus anderen Ländern. Zudem suchten 3,7 Millionen Sudanesinnen und Sudanesen innerhalb des Landes Schutz.

Das Überleben wird für Millionen Menschen immer schwieriger. Viele Menschen hätten kaum oder keine Lebensmittel mehr, sagte Farid Abdulkadir, der Chef des Sudan-Büros der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften. Es gebe auch kaum mehr Treibstoff und andere wichtige Güter. Bereits vor der jüngsten Eskalation waren rund 16 Millionen Personen, etwa ein Drittel der Bevölkerung, auf internationale Hilfe angewiesen. Die Hilfsorganisationen hoffen nun, dass sie während der Feuerpause, die in der Nacht auf Dienstag um 00.00 Uhr begann, die Bedürftigen versorgen können. Das war während der vergangenen zehn Tage kaum möglich.

Gesundheitsversorgung in weiten Teilen zusammengebrochen

Es ist der vierte Anlauf für eine Feuerpause, seit der Machtkampf zwischen Armee-General Abdul Fattah Al-Burhan und dem Befehlshaber der paramilitärischen „Rapid Support Forces“ (RSF), Mohamed Hamdan Dagalo, genannt „Hemeti“, Mitte April eskaliert war. Laut den UN starben seither mindestens 459 und mehr als 4.000 weitere wurden verletzt. Tatsächlich liegt die Zahl der Opfer nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) allerdings deutlich höher.

US-Außenminister Antony Blinken erklärte am Montag (Ortszeit), die USA seien gemeinsam mit internationalen Partnern und der sudanesischen Zivilgesellschaft darum bemüht, ein Komitee zusammenzustellen, das einen dauerhaften Waffenstillstand verhandeln soll.

Seit Beginn der Gefechte ist auch die Gesundheitsversorgung zu weiten Teilen zusammengebrochen. Gesundheitseinrichtungen werden laut der WHO und sudanesischen Ärzteorganisationen immer wieder angegriffen. Zudem fehle es überall an Medikamenten, Materialien und Personal, weil viele Fachkräfte aus Sicherheitsgründen nicht zur Arbeit könnten, erklärte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz.

Zahlreiche Länder haben ihre Diplomaten und Bürger ausgeflogen, darunter europäische Staaten und die USA. Die Bundeswehr evakuierte nach eigenen Angaben seit Sonntag knapp 500 Menschen aus 20 Nationen. Das wurde möglich, weil die Kämpfe seitdem etwas nachgelassen haben. Die Bundesregierung hat den Bundestag gebeten, dem Evakuierungseinsatz nachträglich zuzustimmen. Die Evakuierungen dürfen laut Antragsentwurf längstens bis zum 31. Mai auf dem Luftweg sowie auf dem Seeweg erfolgen. Dabei können insgesamt bis zu 1.600 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden.

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