Hilfsorganisation beklagt schwindende Aufmerksamkeit für Afghanistan

Frankfurt a.M., Kabul - Zwei Jahre nach der Machtergreifung der Taliban droht das Leid der afghanischen Bevölkerung laut der Hilfsorganisation IRC in Vergessenheit zu geraten. „Afghanistan ist in vielerlei Hinsicht vom Radar verschwunden“, sagte die IRC-Sprecherin in Kabul, Samira Sayed Rahman, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Hilfsprogramme seien stark unterfinanziert, obwohl sich die Krise in dem Land seit der Rückkehr der Taliban stark verschlechtert habe.

Zur Erklärung verwies die Sprecherin des „International Rescue Committee“ (IRC) unter anderem auf die große Aufmerksamkeit für den Ukraine-Krieg. Die Vereinten Nationen veranschlagen für das laufende Jahr mehr als 3,2 Milliarden US-Dollar für die Afghanistan-Hilfe. Der Hilfsplan ist UN-Angaben zufolge lediglich zu einem Viertel finanziert. Mehr als 28 Millionen Menschen brauchen Unterstützung.

Vor allem in den Städten seien in den vergangenen zwei Jahren mehr Menschen in die Armut getrieben worden, sagte Sayed Rahman. In der Hauptstadt Kabul etwa habe sie vor Bäckereien noch nie so viele bettelnde Menschen gesehen wie zuletzt. Überall in der Stadt würden Hilfsgüter verteilt, sagte die IRC-Sprecherin, die nach eigenen Angaben seit mehreren Jahren in der afghanischen Hauptstadt lebt.

Eine der Hauptursachen für die wachsende Not sei die Wirtschaftskrise, durch die 900.000 Menschen ihren Job verloren hätten. „Wer noch eine Arbeit hat, muss damit mehrere Familien auf einmal versorgen“, sagte Sayed Rahman. Infolge der Krise hätten Kinderarbeit sowie Zwangsehen zugenommen. Die Menschen müssten sich entscheiden, ob sie Geld für Essen oder zum Heizen ausgeben.

Zugleich habe sich die Sicherheitslage im ganzen Land seit der Rückkehr der Taliban und dem Abzug der internationalen Truppen im Sommer 2021 verbessert. „Wir kommen nun in Teile des Landes, die vorher nicht zugänglich waren“, sagte Sayed Rahman und verwies auf Gebiete in der Provinz Helmand. In früher stark umkämpften Regionen sähen manche Menschen das erste Mal in ihrem Leben einen Arzt, unterstrich Sayed Rahman.

In Afghanistan hatten die Taliban im August 2021 Kabul erobert und damit wieder die Macht im ganzen Land übernommen. Die Rückkehr der Islamisten hat eine schwere Wirtschaftskrise ausgelöst. Das „International Rescue Committee“ ist nach eigenen Angaben seit 1988 in Afghanistan aktiv, unter anderem in der Hilfe für Vertriebene.

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