"Wir haben es satt!"-Demonstration für gerechte Landwirtschaft

Weitere Bauernproteste in Berlin: Aber diesmal ging es kaum um Agrardiesel, sondern um die Zukunft der bäuerlichen Landwirtschaft.

Berlin - Mehrere Tausend Menschen haben am Samstag in Berlin für eine umwelt- und sozialgerechte Landwirtschaft demonstriert. Zu der traditionellen „Wir haben es satt“-Demonstrationen zum Auftakt der Internationalen Grünen Woche hatte ein Bündnis von Agrar-, Umwelt- und Entwicklungsorganisationen aufgerufen. Nach Angaben der Veranstalter gingen rund 8.000 Menschen auf die Straße. Sie wurden von rund 50 Traktoren begleitet.

Redner verschiedener Verbände und Organisationen warfen der Bundesregierung Tatenlosigkeit vor und warnten vor einem Ausverkauf der Landwirtschaft an Großkonzerne und Groß-Agrarier. „Alle Fragen wurden längst ausreichend beantwortet - wir fordern Taten“, sagte die Sprecherin des Bündnisses „Wir haben es satt“, Inka Lange. Nötig seien faire Erzeugerpreise und die Unterstützung der Höfe beim Umbau der Tierhaltung, etwa durch eine Tierwohlabgabe.

Zudem müssten die Agrarsubventionen dem Umwelt-, Tier- und Klimaschutz dienen, anstatt „blind pro Fläche Hektar“ ausgeschüttet zu werden. Die Landwirte bräuchten sichere Rahmenbedingungen. „Die richtige Antwort auf Klimakrise, Artensterben und Hunger in der Welt ist eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft“, sagte Lange.

Dem Bündnis gehören den Angaben zufolge auch 35.000 Bäuerinnen und Bauern an. Der Demonstrationszug startete an der SPD-Zentrale in Berlin-Kreuzberg und zog Richtung Kanzleramt, vorbei unter anderem am Finanz- und dem Landwirtschaftsministerium.

Milana Müller, Landwirtin aus dem Erzgebirge, sprach sich bei der Auftaktveranstaltung unter anderem gegen eine Deregulierung der Gentechnik durch die EU-Kommission aus. Es müsse verhindert werden, dass künftig Gentechnikpflanzen ohne Risikoprüfung und Kennzeichnung zugelassen werden.

Die Sprecherin von „Fridays for Future“, Luisa Neubauer, warnte vor einem ökologischen Zusammenbruch. Eine Transformation in Landwirtschaft, Industrie und Energieerzeugung sei ohne zusätzliche Investitionen nicht möglich, sagte Neubauer angesichts der Sparpolitik der Bundesregierung.

Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser forderte von der Bundesregierung eine sozial gerechte Agrarpolitik. Bäuerinnen und Bauern müssten angemessen honoriert werden, wenn sie Artenvielfalt und Klima schützen und das Tierwohl verbessern, sagte Kaiser. Zudem müsse sichergestellt werden, dass alle Menschen Zugang zu gesunden und ökologisch erzeugten Lebensmitteln bekommen.

Der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Martin Schulz, forderte, die Landwirtschaft müsse in die Lage versetzt werden, endlich „auf Augenhöhe“ mit den Abnehmern Preise zu verhandeln. Der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland, Jörg-Andreas Krüger, warf der Bundesregierung vor, anstatt Lösungen nur mehr Probleme zu schaffen. „Die selbst ernannte Fortschrittskoalition ist bestenfalls eine Stillstandskoalition“, sagte Krüger. Die „Wir haben es satt!“-Demonstration fand bereits zum 14. Mal statt.

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