Menschenrechtler werfen äthiopischer Armee Tötung von Zivilisten vor

Nairobi, Khartum - Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wirft der äthiopischen Armee die Hinrichtung von Dutzenden Zivilisten in der Stadt Merawi seit Ende Januar vor. Die Armee agiere straffrei, sagte die stellvertretende Afrika-Direktorin bei HRW, Laetitia Bader, bei der Veröffentlichung eines Berichts am Donnerstag in Nairobi. Doch die Regierung habe eigentlich erklärt, Recht und Ordnung in die Region bringen zu wollen. HRW fordert deshalb eine UN-Untersuchung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der äthiopischen Region Amhara.

Die äthiopische Armee kämpft in der nördlichen Amhara-Region seit August 2023 gegen Milizen. Während des Krieges in der benachbarten Region Tigray waren sie noch Verbündete. Nach dem Friedensabkommen im November 2022 sollten paramilitärische regionale Truppen in die nationale Armee integriert werden. Viele Kämpfer, die das nicht wollten, schlossen sich den Fano-Milizen an. Im August schafften sie es kurzzeitig, den christlichen Wallfahrtsort Lalibela und die Stadt Gondar unter ihre Kontrolle zu bringen.

Human Rights Watch hat nach eigener Darstellung seit Februar mit mehr als 20 Augenzeugen, Opfern und Angehörigen gesprochen und Videos verifiziert. Die Menschenrechtler berichten, wie Soldaten der äthiopischen Armee nach Gefechten mit Fano-Milizen in der Nähe von Merawi am 29. Januar willkürlich Männer und Frauen in der Stadt erschossen, Häuser und Geschäfte plünderten sowie Fahrzeuge in Brand setzten.

Wie viele Zivilisten genau am 29. Januar ermordet wurden, ist unklar. Die staatliche Menschenrechtskommission spricht laut HRW von 45 Toten, der unabhängige Rat für Menschenrechte von bis zu 89 ermordeten Zivilistinnen und Zivilisten. Das deckt sich mit Aussagen von HRW-Gesprächspartnern. Sie berichteten auch von einem weiteren Vorfall am 24. Februar, bei dem mindestens acht Zivilisten hingerichtet worden sein sollen.

Dass die äthiopischen Regierung solche Taten nicht aufkläre und verfolge, trage zu einem andauernden Kreislauf von Gewalt und Straflosigkeit bei, erklärte HRW. Länder, die mit Äthiopien zusammenarbeiten, die Afrikanische Union und die Vereinten Nationen sollten deshalb dringend konkrete Schritte unternehmen, um die äthiopische Regierung dazu zu bringen, die Gewaltspirale zu unterbrechen.

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