Deutsche Entwicklungsministerin: EU kann US-Ausfall nicht ausgleichen

Die neue Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD) warnt bei ihrem EU-Debüt vor weiteren Kürzungen. Nach dem Rückzug der USA aus der Entwicklungszusammenarbeit suchen die EU und Deutschland nach Auswegen. Druck kommt aus dem Bundestag.

Brüssel - Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD) hat sich besorgt über die Einschnitte bei der US-Auslandshilfe geäußert. „Wir erleben die dramatischen Kürzungen der US-Regierung bei Entwicklungshilfe, unter anderem bei USAID, und es ist völlig klar: Weder wir als Deutschland noch die Europäische Union können das kompensieren“, sagte Alabali-Radovan am Montag in Brüssel vor Beginn eines Treffens der EU-Entwicklungsministerinnen und -minister. Dennoch müsse alles getan werden, „um das Schlimmste zu verhindern“.

Bei der Zusammenkunft sollte es darum gehen, wie die Lücke geschlossen werden kann, die die USA in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit hinterlassen haben. US-Präsident Donald Trump hatte nach seinem Amtsantritt im Januar die Hilfsprogramme weitgehend eingestellt und die Hilfsagentur USAID zerschlagen. Die USA galten bisher als einer der wichtigsten Geber weltweit.

Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas erklärte in Brüssel, die EU werde die Lücke nicht vollständig füllen können, die die USA hinterlassen haben. Als mögliche Schwerpunkte nannte sie Hilfen in der EU-Nachbarschaft, Demokratieförderung, Medienfreiheit und Menschenrechte.

Alabali-Radovan warnte, auch innerhalb der EU und in Deutschland gebe es Diskussionen über Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht handlungsunfähig werden.“ Angesichts begrenzter Mittel und zahlreicher Krisen sei es jedoch notwendig, klare Prioritäten zu setzen. Wie viel Geld Alabali-Radovan künftig zur Verfügung stehen wird, ist noch offen. Laut Koalitionsvertrag soll „eine angemessene Absenkung“ der Entwicklungsgelder erfolgen.

Die deutschen Entwicklungsleistungen lagen nach Angaben der OECD bereits im letzten Jahr mit rund 30 Milliarden Euro um rund fünf Milliarden Euro niedriger als im Vorjahr. Deutschland hat demnach im Jahr 2024 nur insgesamt 0,67 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Unterstützung ärmerer Länder bereitgestellt. Damit erreichte die Bundesrepublik erstmals seit 2020 nicht das vereinbarte Ziel der Vereinten Nationen, mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen.

Die Linke im Bundestag forderte Deutschland angesichts des Treffens auf EU-Ebene auf, das Versprechen einzuhalten, 0,7 Prozent des BIP an Entwicklungsgeldern bereitzustellen. „Daran werden wir die neue Ministerin messen, nicht an schönen Worten“, sagte Charlotte Neuhäuser, Sprecherin der Linken im Bundestag für Globale Gerechtigkeit und Mitglied im Entwicklungsausschuss des Deutschen Bundestages.

„Die Haushaltskürzungen der Ampel-Regierung waren bereits historisch, über ein Drittel in der Entwicklungszusammenarbeit wurden in der letzten Wahlperiode gestrichen“, erklärte Neuhäuser. Bei der Hungerbekämpfung etwa habe das Ministerium seine Gelder von 5 Milliarden Euro (2022) um 38 Prozent auf 3,1 Milliarden Euro im Jahr 2024 zusammengestrichen, wie Zahlen aus einer Anfrage an die Bundesregierung zeigten. Die Zahl der Hungernden sei in diesem Zeitraum um mehr als 50 Millionen Menschen angewachsen.

Für Bundesentwicklungsministerin Alabali-Radovan war die Zusammenkunft ihre erste Auslandsreise. Sie habe sich bewusst für Brüssel entschieden, erklärte sie. „Gerade jetzt müssen wir - nicht nur in der Außen- und Sicherheitspolitik, sondern insbesondere auch in der Entwicklungspolitik - in der Europäischen Union enger zusammenrücken.“

BMZ zu OECD-Bilanz: http://u.epd.de/3fhi

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