Lebenslange Haft für syrischen Kriegsverbrecher

Stuttgart - Das Oberlandesgericht Stuttgart hat einen syrischen Ex-Milizionär zu lebenslanger Haft verurteilt. Der 6. Strafsenat sprach den 33-Jährigen am Dienstag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im syrischen Bürgerkrieg schuldig, wie das Gericht mitteilte (Az.: 6 St 3 BJs 47/20).

Nach den Erkenntnissen des Gerichts schloss sich der Verurteilte kurz nach Beginn der Unruhen 2011 in seiner syrischen Heimatstadt Busra Al Sham einer lokalen schiitischen Miliz an. Diese Miliz erhielt Unterstützung von der Hisbollah. Ihr Ziel war es, die Macht des Assad-Regimes zu sichern.

Das Gericht stellte fest, dass der Angeklagte zwischen August 2012 und 2014 an mehreren Überfällen auf sunnitische Zivilisten beteiligt war. Bei einem dieser Überfälle im August 2012 agierte er als Mittäter, als ein Mitglied seiner Milizengruppe einen 21-jährigen unbewaffneten Studenten erschoss. Das Haus des Opfers wurde geplündert und teilweise in Brand gesetzt. Die Mutter und ein Bruder des Getöteten traten im Verfahren als Nebenkläger auf.

Bei einer weiteren Tat im April 2013 führte der Verurteilte eine Gruppe an, die drei junge Männer festnahm. Die Gefangenen wurden dem Militärgeheimdienst übergeben und auf dem Weg dorthin mit Kalaschnikows geschlagen sowie später durch Geheimdienstmitarbeiter gefoltert. Einer der Männer, ebenfalls Nebenkläger, kam erst nach 46 Tagen unter katastrophalen Haftbedingungen frei. Im Jahr 2014 war der Angeklagte an einem Übergriff auf einen 40-jährigen Warenhändler und dessen Familie beteiligt. Der Händler wurde festgenommen, sein Haus geplündert und er selbst 24 Stunden lang gefoltert, bevor man ihn schwer verletzt auf die Straße warf.

Die Hauptverhandlung vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht umfasste 42 Verhandlungstage. Der Senat hörte 30 Zeugen, die mehrheitlich aus Syrien stammen und mittlerweile weltweit verstreut leben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dem Verurteilten, den Nebenklägern und dem Generalbundesanwalt steht die Revision beim Bundesgerichtshof offen.

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