Bundeswehr soll spätestens am Wochenende Hilfsgüter für Gaza abwerfen

Gemeinsam mit Jordanien will Deutschland eine Luftbrücke für den Gaza-Streifen einrichten. Hilfsorganisationen bezeichnen diese als eine "Imagekampagne" und warnen vor Gefahren.

Berlin - Flugzeuge der Bundeswehr sollen in den nächsten Tagen damit beginnen, Hilfsgüter über dem Gaza-Streifen abzuwerfen. Zwei Transportflieger vom Typ A400M seien derzeit auf dem Weg nach Jordanien, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Dienstag nach einem Gespräch mit dem jordanischen König Abdullah II. in Berlin. In Jordanien sollen die Bundeswehrmaschinen Merz zufolge ausgerüstet und aufgetankt werden, damit sie spätestens ab dem Wochenende - möglicherweise schon ab Mittwoch - ihre Missionen fliegen können.

Sowohl der Kanzler als auch sein Gast räumten ein, dass die Hilfslieferungen aus der Luft die dramatische Lage im Gaza-Streifen nur geringfügig verbessern dürften. Der jordanische König, Abdullah II., sprach von einem „Tropfen auf den heißen Stein“. Die Hilfe aus der Luft könne die Lieferungen per Lastwagen nicht ersetzen. „Im Moment schaffen wir nur 60 Trucks pro Woche“, nötig seien aber „mindestens 150 pro Tag“.

Der durch den Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 auf Israel ausgelöste Krieg hat im Gaza-Streifen eine humanitäre Katastrophe ausgelöst, auch weil Israel immer wieder Hilfslieferungen blockiert. Seit dem Wochenende gelangte erstmals wieder Hilfe in größerem Umfang nach Gaza. Vor dem 7. Oktober erreichten laut UN etwa 500 bis 600 Lkw mit Gütern täglich das Gebiet am Mittelmeer.

Menschenrechts- und Hilfsorganisationen kritisierten die von der Bundesregierung geplante Luftbrücke. „Ich halte das vor allem für eine Imagekampagne“, sagte der Nahost-Referent von medico international, Riad Othman. Abwürfe aus der Luft seien ungenau, teuer und zu langsam. Othman warnte vor Gefahren der Luftabwürfe im dicht bevölkerten Gaza-Streifen. In der Vergangenheit seien Menschen bereits von Paletten erschlagen worden oder beim Versuch ertrunken, Hilfsgüter aus dem Mittelmeer zu bergen.

Auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sieht Abwürfe aus der Luft kritisch. Laut der stellvertretenden DRK-Teamleiterin für die internationale Programmarbeit, Julia Meixner, ist eine zielgerechte Verteilung von Hilfsgütern auf diese Weise unmöglich. „Die schwächsten Menschen, also etwa Verletzte oder Kinder, werden damit kaum erreicht - sie sind von der Hilfe erstmal ausgeschlossen“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Damit widerspreche der Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft einem der Grundprinzipien humanitärer Hilfe, der bedarfsgerechten Verteilung.

Die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow, nannte die Luftbrücke eine „symbolische Geste“. Sie forderte Deutschland auf, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, sich für einen umfassenden und sofortigen Waffenstillstand einzusetzen und die Waffenlieferungen an Israel zu stoppen. Es gibt der Völkerrechtlerin zufolge zahlreiche Belege dafür, dass Israel Hunger als Kriegswaffe einsetzt. Das sei ein Kriegsverbrechen.

Die Ankündigung der Luftbrücke kommt vor dem Hintergrund einer sich dramatisch verschlechternden Lage im Gaza-Streifen. Die Menschen in dem palästinensischen Küstengebiet sind laut dem Welternährungsprogramm (WFP) akut von einer Hungersnot bedroht. Der anhaltende Krieg und die strengen Beschränkungen bei Lieferung und Verteilung humanitärer Hilfe hätten zu der katastrophalen Ernährungslage für Hunderttausende Menschen geführt, teilte das WFP in Rom mit. Die Zeit für umfassende humanitäre Hilfe werde knapp.

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