Kabul Luftbrücke fürchtet Entzug von Aufnahmezusagen für Afghanen

Berlin - Die Organisation Kabul Luftbrücke fürchtet, dass die Bundesregierung schon ausgesprochene Aufnahmezusagen für Afghaninnen und Afghanen zurückziehen könnte. Nach Ansicht der Sprecherin der Organisation, Eva Beyer, deuten die Äußerungen von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) zur Einzelfallprüfung aller Personen im Aufnahmeprogramm darauf hin. „Die Regierung wird, wo sie kann, Aufnahmezusagen zurücknehmen, um sich der Verantwortung zu entziehen“ sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag.

Für die gefährdeten Menschen aus Afghanistan gibt es vier verschiedene Aufnahmeprogramme. Beyer zufolge könnten Aufnahmezusagen, die im Rahmen des Ortskräfteverfahrens, der Menschenrechtsliste und des Überbrückungsprogramms getätigt worden sind, ohne weitere Anhörungen entzogen werden. Das betreffe knapp die Hälfte der rund 2.300 wartenden Personen.

Aufnahmezusagen im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms lassen sich laut Beyer nicht so einfach zurückziehen. Betroffene haben im Rahmen eines standardisierten Widerrufsverfahrens die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben - allerdings hat die Bundesregierung die Frist dafür von vier auf zwei Wochen verkürzt. „Die Stellungnahme muss auf Deutsch eingereicht werden. Das bedeutet, betroffene Afghaninnen und Afghanen sollten sich bestenfalls einen Anwalt nehmen“, erklärte Beyer. Fast unmöglich sei dies für Personen in Haft oder nach Abschiebungen, da sie kaum Zugang zu Informationen hätten und nur schwer Kontakt zu Anwältinnen und Anwälten herstellen könnten.

Insgesamt warten noch rund 2.000 Menschen, die nach der Machtübernahme der Taliban aus Deutschland eine Aufnahmezusage erhalten haben, in Pakistan auf die Ausreise. Es geht dabei um Menschen, die durch Tätigkeiten etwa als Juristen, Lehrerinnen, Menschenrechtsverteidiger oder Journalistinnen unter dem radikalislamischen Regime in ihrer Heimat Verfolgung fürchten müssen.

Die Aufnahmen stehen seit dem Regierungswechsel infrage, da Union und SPD vereinbart haben, freiwillige Aufnahmeprogramme „soweit wie möglich“ zu beenden. Bundesinnenminister Dobrindt lässt nach Angaben seines Ministeriums derzeit jeden Einzelfall daraufhin prüfen, ob die Aufnahmezusage rechtsverbindlich ist. Erweist sich die Zusage als verbindlich, sollen die Betroffenen ein Aufnahmeverfahren und eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen. Ist die Zusage nicht rechtsverbindlich oder verläuft die Sicherheitsüberprüfung negativ, findet keine Aufnahme statt.

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