Merkel: Ich würde wieder so entscheiden wie 2015

Zehn Jahre nach "Wir schaffen das!" blickt die ehemalige Bundeskanzlerin Merkel zurück. Ihre Bilanz teilt CDU-Generalsekretär Linnemann nicht.

Frankfurt a.M. - Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht nach eigenen Worten weiterhin zu ihrem Kurs in der Flüchtlingspolitik im Jahr 2015. Sie habe „keine Zweifel“ daran, dass sie wieder so entscheiden würde wie vor zehn Jahren, sagte Merkel in einem Interview für die ARD-Dokumentation „Merkels Erbe - 10 Jahre 'Wir schaffen das!'“.

Zu ihrer damaligen Aussage „Wir schaffen das!“ sagte die 71-Jährige: „Das ist ein Prozess, aber bis jetzt haben wir viel geschafft, und was noch zu tun ist, muss weiter getan werden.“ CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann widersprach in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Montag): „Seit 2015 sind 6,5 Millionen Menschen zu uns gekommen, und weniger als die Hälfte ist heute in Arbeit. Ich finde das, gelinde gesagt, nicht zufriedenstellend.“ Deswegen müsse die aktuelle Regierung „die illegale Migration in die Sozialsysteme stoppen und reguläre Zuwanderung in den Arbeitsmarkt fördern“.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte am Montag dem Radiosender Bayern2, heute spüre man in ganz Europa die mehrheitliche Stimmung, dass es 2015 „zu viele Flüchtlinge in der Summe waren und dass nahezu alle europäischen Länder eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen wollen“. Zugleich lobte er die Hilfsbereitschaft der Menschen in Bayern als „phänomenal“, als unter anderem am Münchner Hauptbahnhof täglich Hunderte Geflüchtete über die Balkanroute nach Deutschland kamen. „Wir haben vieles geschafft“, sagte Herrmann. Es sei aber unterschätzt worden, was es bedeute, die vielen Menschen zu integrieren.

Merkel räumte in der vom NDR produzierten Fernsehdokumentation ein, dass ihre Entscheidung polarisiert habe, die in Ungarn festsitzenden Flüchtlinge im Sommer 2015 in Deutschland aufzunehmen. „Und dadurch ist die AfD sicherlich auch stärker geworden. Aber ist das ein Grund für mich, eine Entscheidung, die ich für wichtig halte, für richtig halte, für vernünftig, für menschenwürdig gehalten habe, das nicht zu tun?“, fragte sie.

Die ehemalige Kanzlerin bestritt zugleich, Deutschland überfordert zu haben: „Das glaube ich nicht. Deutschland ist ein starkes Land.“

Dokumentation in der Mediathek der ARD: http://u.epd.de/3j89

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