Aachen, Berlin - Fast jedem dritten Menschen auf der Welt fehlt einer Studie zufolge das Geld für genug Lebensmittel. Diese sogenannte Ernährungsarmut nimmt trotz wachsender Weltwirtschaft stetig zu, wie aus der am Dienstag vorgestellten Studie „Armutslücke Welternährung“ der Universität Göttingen im Auftrag des katholischen Hilfswerks Misereor mit Sitz in Aachen hervorgeht.
Insgesamt sind demnach weltweit 2,98 der 8,2 Milliarden Menschen von Ernährungsarmut betroffen. Die Armutslücke belief sich 2024 den Angaben zufolge auf 3,25 Billionen US-Dollar, was zugleich lediglich 1,6 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung entsprach. Damit werde das ganze Ausmaß der globalen Ungleichheit deutlich, erklärten die Studienautoren.
Sahara und Nahost-Nordafrika besonders betroffen
Vor allem auf dem afrikanischen Kontinent und dort besonders in den Gebieten Sahara und Nahost-Nordafrika spitzt sich die Lage der Studie zufolge zu. Von den zehn am stärksten von Ernährungsarmut betroffenen Ländern liegt nur Haiti außerhalb dieser Regionen. Besonders betroffen ist demnach der Südsudan: Dort fehlen jedem Einwohner im Durchschnitt 86 Prozent des Einkommens, das für eine gesunde Ernährung notwendig wäre.
Hauptursache der Armut und der daraus folgenden Mangelernährung bleibt laut Studie weiterhin die wirtschaftliche Ungleichheit, auch wenn Naturkatastrophen in den betroffenen Gebieten eine Rolle spielen. „Das Wachstum kommt nicht bei denen an, die es am dringendsten brauchen“, erklärte Studienautor und Entwicklungsökonom Sebastian Vollmer. In Ländern mit der höchsten Ungleichheit beim Einkommen sei die Ernährungsarmut bis zu siebenmal größer als in Ländern mit dem geringsten Gefälle in diesem Bereich.
Wenn Kinder sich heute nicht gesund entwickeln könnten, werde ihnen auch die Chance genommen, zur Zukunft ihrer Heimat beizutragen, warnt die Studie. Deshalb seien die zuletzt erfolgten Kürzungen bei der Entwicklungshilfe insbesondere durch die USA dramatisch: „Wenn heute bei Programmen gegen Hunger und Mangelernährung gespart wird, wird der Kampf gegen Armut zukünftig umso teurer.“
Ernüchternd ist diese Entwicklung aus Sicht der Studienautoren auch mit Blick auf die 2015 verabschiedete Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit dem Ziel, den weltweiten Hunger in den nächsten fünf Jahren zu beenden. Seit 2015 sei die Zahl der Hungernden dauerhaft weiter gestiegen: „Wenn die Staatengemeinschaft nicht handelt, werden 2030 dreimal mehr Menschen von Hunger betroffen sein, als die Entwicklung vor 2015 vermuten ließ.“ Dabei seien noch nie zuvor so viele Lebensmittel erzeugt worden wie heute, von denen theoretisch mehr als zehn Milliarden Menschen satt werden könnten.