Proteste am Wahltag in Tansania

Inhaftierte Oppositionspolitiker, Tränengas gegen Demonstranten. In Tansania waren die Menschen am Mittwoch zu Präsidenten- und Parlamentswahlen aufgerufen. Chancen hat vor allem die amtierende Staatschefin.

Nairobi/Daressalam - Unter Ausschluss von Teilen der Opposition ist in Tansania am Mittwoch ein neues Staatsoberhaupt und Parlament gewählt worden. Der Sender MwanzoTV berichtete von einer geringen Beteiligung. In der Küstenmetropole Daressalam setzte die Polizei laut dem britischen Sender BBC Tränengas gegen Demonstrierende ein, die an dem Wahltag auf die Straße gingen. Mehrere Menschen wurden demnach verletzt.

Die Proteste entzündeten sich vor allem am Ausschluss der zwei aussichtsreichsten Oppositionskandidaten, dem inhaftierten Vorsitzenden der Partei Chadema, Tundu Lissu, sowie Luhaga Mpina von ACT-Wazalendo. Chancen auf den Sieg werden nur der amtierenden Präsidentin Samia Suluhu Hassan ausgerechnet.

Insgesamt traten 17 Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt an. 37,6 Millionen Stimmberechtigte waren zur Wahl registriert. Viele der Wählerinnen und Wähler sind jung und ihre Beteiligung und politische Präferenz war vor dem Urnengang nicht abzusehen. Suluhus Partei CCM regiert das ostafrikanische Land seit der Unabhängigkeit 1961. Auf der Insel Sansibar, die mit dem Festland eine Union bildet, begannen die Wahlen bereits am Dienstag.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte vor den Wahlen eine gravierende Menschenrechtskrise beklagt und schwere Vorwürfe gegen die Regierung erhoben. Samia Suluhu Hassan ist die erste Frau an der Spitze des Landes. Nach den Wahlen 2020 machte der zuletzt autoritär regierende ehemalige Staatschef John Magufuli sie zu seiner Vizepräsidentin. Als er im März 2021 plötzlich verstarb, übernahm Suluhu das Amt und versprach zunächst Versöhnung, Reformen und Wiederaufbau.

Laut der unabhängigen Internet-Beboachtungsstelle "NetBlocks" war am Mittwoch zwischenzeitlich landesweit das Internet gestört. Mehrere internationale Journalisten bekamen keine Akkreditierung zur Berichterstattung über die Wahlen. Die Ergebnisse wurden innerhalb von 72 Stunden nach dem Ende der Wahlen erwartet.

Auch innerhalb Suluhus Partei gibt es Spannungen. Der frühere tansanische Botschafter in Kuba und Parlamentsabgeordnete Humphrey Polepole kritisierte die Politikerin offen und verschwand Anfang Oktober. Weitere Oppositionelle wurden vor den Wahlen verhaftet, ihr Verbleib ist zum Teil unklar. Der von der Wahl ausgeschlossene Oppositionspolitiker Lissu ist des Hochverrats angeklagt. 

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