Brasilien: Zahl der Toten nach Polizeieinsatz steigt auf 121

Berlin/Rio de Janeiro - Nach dem Polizeieinsatz in Rio de Janeiro vom Dienstag ist die Zahl der Toten auf 121 gestiegen. Wie die brasilianische Tageszeitung „O Globo“ berichtete, reihten Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Viertel am Mittwoch (Ortszeit) Leichen auf den Straßen auf. Auf Bildern waren lange Reihen von in Plastiksäcken eingehüllten Körpern zu sehen.

In der Zeitung „Jornal do Brasil“ warfen Anwohner der Polizei schwere Menschenrechtsverletzungen vor und sprachen von einem Massaker. Es habe gezielte Tötungen und Folter gegeben. Die Sicherheitskräfte hätten zudem unbeteiligte Zivilpersonen daran gehindert, das Gebiet zu verlassen, und auf sie geschossen, hieß es.

Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva verteidigte den Einsatz der Polizei. Auf der Plattform X sprach er von einer „koordinierten Aktion“, die das Rückgrat der organisierten Kriminalität getroffen habe. „Wir dürfen nicht zulassen, dass kriminelle Banden die Bevölkerung unterdrücken und Drogen sowie Gewalt in die Städte tragen“, erklärte Lula. Die Regierung kündigte eine engere Zusammenarbeit zwischen nationalen Sicherheitsbehörden und denen des Bundesstaates Rio de Janeiro an.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, kritisierte das Vorgehen der Sicherheitskräfte. „Ich verstehe die Herausforderungen im Umgang mit gewalttätigen Banden, aber die hohe Zahl der Toten wirft Fragen über die Art und Weise auf, wie solche Razzien durchgeführt werden“, erklärte er und forderte eine grundlegende Reform der Sicherheitskräfte sowie eine unabhängige Untersuchung des Einsatzes.

Die Armenviertel an den Rändern Rios werden seit Jahrzehnten von kriminellen Banden kontrolliert. Bei Polizeieinsätzen gegen das organisierte Verbrechen kommt es immer wieder zu schweren Gewaltausbrüchen mit zahlreichen Toten. Der Einsatz vom Dienstag gilt als der bislang tödlichste in der Geschichte der Stadt.

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