Tunis - In Tunesien sind mehrere politische Gefangene in Hungerstreik getreten. Das gaben ihre Familien am Montagabend auf einer Pressekonferenz in Tunis bekannt. Zu den Streikenden gehört auch Abdelhamid Jelassi, ein ehemaliges Mitglied der muslimisch-konservativen Ennahda-Partei, wie seine Anwältin Dalila Msaddek Ben Mbarek mitteilte.
Jelassi war im April 2025 mit rund vierzig weiteren Angeklagten in der sogenannten Staatsstreich-Affäre in erster Instanz verurteilt worden. Ihnen wurde vorgeworfen, den Präsidenten stürzen zu wollen. Familien und Anwälte bezeichnen die Vorwürfe als haltlos und das Verfahren als Schauprozess.
Der inhaftierte Bruder der Anwältin Dalila Msaddek Ben Mbarek, Jawher Ben Mbarek, verweigert ebenfalls die Nahrungsaufnahme. Um ihn sorgen sich die Angehörigen besonders. Er fordere die sofortige Haftentlassung der politischen Gefangenen und ein faires Verfahren, erklärte seine Schwester. Ihr sei gestern der Besuch ihres Bruders, der bereits seit Ende Oktober im Hungerstreik sei, im Gefängnis verweigert worden, kritisierte sie.
Beobachter bei Prozess nicht zugelassen
Die sogenannte Staatsstreich-Affäre wird derzeit nach der Berufung der Verurteilten in zweiter Instanz verhandelt. Wie auch im ersten Prozess wurden die inhaftierten Angeklagten nicht vor Gericht geladen, sondern nur virtuell zugeschaltet. Medien und ausländische Diplomaten sind nicht als Beobachter zugelassen. Die nächste Verhandlung ist für kommenden Montag angesetzt.
Nationale und internationale Nichtregierungsorganisationen haben in der Vergangenheit mehrfach die fehlende Unabhängigkeit der tunesischen Justiz kritisiert. In dem nordafrikanischen Land regiert Präsident Kais Saied zunehmend autoritär. Er war 2019 zunächst demokratisch mit großer Mehrheit gewählt worden. 2021 rief er den Notstand aus und riss die Macht an sich.
