Berlin - Das Deutsche Institut für Menschenrechte sieht in Deutschland den Rechtsstaat unter Druck - befeuert auch durch die eigene Regierung. Man beobachte eine politische Rhetorik auch unter Regierungsmitgliedern, „die deutsche und internationale Gerichtsentscheidungen abwertet“, sagte die Direktorin des Instituts, Beate Rudolf, am Montag bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Berlin.
Dabei verwies sie als ein Beispiel auf die Ankündigung des damaligen Wahlkämpfers Friedrich Merz (CDU), den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu missachten. Als zweites Beispiel nannte sie Innenminister Alexander Dobrindt (CSU), der den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin abtue, wonach die von ihm angeordneten Zurückweisungen Schutzsuchender an den deutschen Grenzen rechtswidrig sind. Die im Mai angeordneten Zurückweisungen werden bis heute weiter praktiziert.
„Langsame tektonische Verschiebungen“
Rudolf sagte, der Druck auf Rechtsstaat, Menschenrechte und Zivilgesellschaft zeige sich in Deutschland nicht als Beben, es gebe aber „stetige, langsame tektonische Verschiebungen“. Als Beispiele nannte sie die Verunglimpfung der Inklusion behinderter Menschen als „Ideologie“, Einschüchterungsklagen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen sowie Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten am Rande von Demonstrationen. Die Institutsdirektorin forderte die Politik auf, mehr gegen solche Klagen zu unternehmen sowie Organisationen zu schützen und zu stärken.
Der Bericht, der jährlich kurz vor dem internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember veröffentlicht wird, beschäftigt sich auch mit der Partizipation junger Menschen, Mängeln beim Schutz von Frauen vor Gewalt und Rüstungsexporten. Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist als gemeinnütziger Verein organisiert und wird vom Bundestag sowie für einzelne Projekte aus Drittmitteln finanziert.