EU-Parlament gibt grünes Licht für Auslagerung von Asylverfahren

Das EU-Parlament hat einer Asylrechtsverschärfung zugestimmt. Sie soll die Verlagerung von Asylverfahren in Drittstaaten ermöglichen - ein Ansatz, der als Ruanda-Modell bekannt ist. Abgeordnete der AfD stimmten mit.

Brüssel, Straßburg - Das EU-Parlament hat seine Position zu zwei zentralen Asylgesetzen abgestimmt. Das teilte ein Sprecher am Mittwoch in Straßburg mit. Künftig könnten Asylsuchende in sogenannte „sichere Drittstaaten“ gebracht werden, in denen sie nie zuvor gelebt haben - bekannt als Ruanda-Modell. Zudem soll es eine gemeinsame europäische Liste „sicherer Herkunftsstaaten“ geben, wodurch Asylsuchende aus Ländern wie Marokko, Tunesien oder Ägypten in Asylverfahren und beim Arbeitsmarktzugang deutlich benachteiligt würden.

Die CDU stimmte zusammen mit Abgeordneten der AfD und weiterer rechter Parteien für die Gesetzesverschärfung, während Linke, Grüne und Sozialdemokraten mehrheitlich dagegen votierten. Die finalen Verhandlungen mit der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten über die beiden Gesetzestexte sollten noch am selben Tag beginnen.

Sichere Drittstaaten oder das Ruanda-Modell

Das Konzept der sicheren Drittstaaten sieht vor, Asylsuchende in Länder zu verlegen, die Schutz gewähren, statt ihnen im EU-Ankunftsland ein reguläres Verfahren zu ermöglichen. Mit der geplanten Gesetzesänderung wäre dies auch in Staaten möglich, in denen die Betroffenen bisher nie gelebt haben, sofern ein entsprechendes Abkommen besteht. Modelle wie das Abkommen zwischen Italien und Albanien oder das Ruanda-Modell würden damit ermöglicht.

Der Generalsekretär der Kommission der Kirchen für Migranten in Europa (CCME), Torsten Moritz, kritisierte die Asylrechtsverschärfung: „Die anvisierten Drittstaaten haben meist keine ausreichende Infrastruktur. Damit wird de facto das Grundrecht auf Asyl abgeschafft“, erklärte er. Clara Bünger, Sprecherin für Innen- und Fluchtpolitik der Linken im Bundestag, verwies auf frühere Gerichtsentscheidungen in Großbritannien und Italien und die mögliche Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention: „Das Ruanda-Modell missachtet fundamentale Menschenrechte.“

Europäische Liste „sicherer Herkunftsländer“

Bisher legten die Mitgliedstaaten selbst fest, welche Länder als sicher gelten. Künftig soll eine gemeinsame europäische Liste gelten. Wird ein Land als sicher eingestuft, werden Asylverfahren verkürzt, die Beweislast liegt stärker bei den Betroffenen, und der Zugang zum Arbeitsmarkt ist oft eingeschränkt.

„Staaten wie Ägypten, in denen politische Verfolgung an der Tagesordnung ist, werden jetzt europaweit als sichere Herkunftsländer definiert“, kritisierte der Europaabgeordnete Erik Marquardt (Grüne). Dies werde nicht Abschiebungen erleichtern, wie viele denken. Abschiebungen seien auch ohne Einstufung als „sicheres Herkunftsland“ möglich. Es werde vor allem dazu führen, dass Asylsuchende aus diesen Ländern deutlich weniger Rechte hätten - etwa keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. Das hält Marquardt vor allem integrationspolitisch für problematisch.

Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!