Bewegendes Aktivistenporträt

Call Me Kuchu
USA 2011
Regie: Malika Zouhali-Worrall,
Katherine Fairfax Wright, 90 Minuten
Filmstart: 20. September 2012

Im Zentrum des Films steht David Kato, der sich als erster Schwuler Ugandas öffentlich zu seiner sexuellen Orientierung bekennt, und drei Mitstreiter. Die Kamera begleitet die Protagonisten zu Familienbesuchen und Festen, Gerichtsterminen und Treffen mit UN-Vertretern. Immer wieder wird dabei die Ablehnung spürbar, die Homosexuellen, „Kuchus“, in der ugandischen Bevölkerung entgegenschlägt. Geschürt werden die Vorurteile von christlichen Fanatikern, erzkonservativen Politikern und eine skrupellosen Boulevardpresse. Dazu kommen evangelikale Prediger aus den USA, die Uganda zum Schlachtfeld ihrer ideologischen Kreuzzüge machen.

In diesem Klima der Angst hat der Abgeordnete David Bahati, der vor dem angeblichen „Rekrutieren“ von Kindern durch Homosexuelle für eine amoralische Lebensweise warnt, einen Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht. Er sieht Haftstrafen für alle vor, die Homosexuelle nicht denunzieren, und in „schweren Fällen“ homosexueller Betätigung sogar die Todesstrafe. Kato und seine Mitstreiter lassen sich von der Hetzjagd nicht beirren und halten an ihren Forderungen nach Gleichstellung fest. Vor Gericht erzielt Kato immerhin einen Sieg gegen das Hetzblatt „Rolling Stone“, das 2010 unter der Schlagzeile „Henkt sie“ Fotos und Adressen von 100 Schwulen und Lesben veröffentlicht hat. Einer der wenigen, die sich öffentlich auf die Seite der Diskriminierten stellen, ist der Bischof Christopher Senyonjo, der wegen seines Engagements aus der anglikanischen Kirche ausgeschlossen wurde. Er gewährt gefährdeten „Kuchus“ in einem Haus Schutz vor Übergriffen.

Die Lage eskaliert, als Kato im Januar 2011 überfallen und mit einem Hammer erschlagen wird. Der Mord löst eine breite Welle der Empörung und Solidaritätsadressen aus aller Welt aus, sogar eine Protestnote von US-Außenministerin Hillary Clinton. Andererseits schreckt ein homophober Geistlicher nicht davor zurück, bei Katos Beerdigung die Schwulen zur Bekehrung aufzurufen, was zu Tumulten führt. Auch hier ist es Senyonjo, der die trauernden Angehörigen und Freunde tröstet und ihnen Mut zuspricht. Am Ende steht eine Botschaft der Hoffnung: Der Kampf geht weiter.

Dass er noch nicht gewonnen ist, zeigt der Fakt, dass der Gesetzentwurf zwar zurückgezogen, aber nach dem Abebben der Proteste im Februar 2012 wieder reaktiviert wurde. Und im Juni wurden etliche nichtstaatliche Organisationen aus Uganda mit der Begründung verbannt, sie befürworteten Homosexualität. Wegen der homophoben Übergriffe haben Deutschland und andere europäische Länder ihre Entwicklungshilfe für Uganda gekürzt.
Der Film wirkt wegen der wackeligen Handkamera zwar streckenweise wie mit heißer Nadel gestrickt. Doch es gelingt ihm, den Widerstandskampf gegen die fortgesetzte Verletzung der Menschenrechte anschaulich zu machen und Empathie mit den Aktivisten zu wecken.

„Call Me Kuchu“ hat auf dem kanadischen Festival „Hot Docs“ den Preis für das beste „International Feature“ gewonnen und auf der Berlinale 2012 den Teddy Award für Dokumentarfilme. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat den Film zudem mit seinem Preis „Cinema fairbindet“ ausgezeichnet. Es unterstützt eine Tour des Films, die von September bis Dezember durch 25 deutsche Städte führt. Vom 18. bis 25. September begleiten die Regisseurinnen die Vorführungen. Reinhard Kleber 

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