Heilung am Ende der Welt

Out of the Darkness,
Deutschland 2011,
Regie: Stefano Levi, 79 Minuten,
Verleih: barnsteiner film,
Filmstart: 29. März 2012,
www.outofthedarkness-film.com


Der Dokumentarfilm „Out of the Darkness“ zeigt, wie Augenärzte in entlegenen Bergdörfern Nepals arme Patienten versorgen. Das trägt zur wirtschaftlichen Entwicklung ganzer Dorfgemeinschaften bei.

Der Zusammenhang ist simpel, aber folgenreich: Je größer die Stadt, umso mehr Ärzte. Je unzugänglicher der Landstrich, umso schlechter die ärztliche Versorgung. Der nepalesische Augenarzt Sanduk Ruit, der selbst aus einem Himalaya-Bergdorf stammt, nimmt das bittere Prinzip nicht hin. Seit vielen Jahren behandelt er in Nepal und anderen Entwicklungsländern Augenkranke auch in abgelegenen Dörfern. Der Kölner Filmemacher Stefano Levi hat Ruit, dessen US-Kollegen Geoff Tabin und ihr medizinisches Team im März 2010 bei einem Fußmarsch zu einem Augencamp begleitet.

Vier Tage marschierten sie – die Träger schleppten eine mobile Augenklinik auf dem Rücken – hinauf zum Bergdorf Siwa. Dort warteten 400 Patienten– alle angetrieben von der Hoffnung auf Heilung. Nicht allen können Ruit und Tabin helfen, manche Erkrankungen sind unheilbar, andere erfordern umfangreiche Untersuchungen, wieder andere können nur mit Apparaten in medizinischen Zentren wie dem Tilganga Eye Center behandelt werden, das Ruit 1994 mit Gleichgesinnten gegründet hat.

Doch der Graue Star, der unter anderem von einer hohen UV-Strahlung und Mangelernährung verursacht wird und deshalb im Himalaya weit verbreitet ist, lässt sich durch einen einfachen Schnitt und das Einsetzen eines Linsenimplantates beheben. Ruit, der für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet wurde, hat dafür gemeinsam mit seinem australischen Mentor Fred Hollows eine spezielle Operation entwickelt, nach der die Patienten schon nach fünf Minuten aufstehen können, statt mehrere Tage das Bett zu hüten. Und er hat eine Linse entworfen, die internationalen Standards entspricht und in Nepal hergestellt werden kann, für einen Bruchteil der Kosten im Westen.

Der kleine Eingriff ist nicht nur segensreich für die Augenkranken, sondern stärkt auch die wirtschaftliche Entwicklung ganzer Dorfgemeinschaften. Denn ein Blinder bedeutet in der Einöde einen ökonomischen Rückschlag für die Familie, weil er kaum etwas zum Lebensunterhalt beitragen kann. Tabin zitiert dazu eine nepalesische Definition für Blindheit: ein Mund ohne Hände. Kein Wunder, dass Blinde eine deutlich verringerte Lebenserwartung haben.

Levi neigt in seinem Film, der angesichts des drängenden Zeitplans ohne Filmförderung oder TVSender realisiert wurde, zur Glorifizierung der engagierten Mediziner. Die Misere der Patienten schildert er weitgehend aus nüchterner Distanz und vermeidet so erfreulicherweise die Untiefen gängiger Mitleidsdramaturgien. Manche Frage lässt Levi in seinem mit mehreren internationalen Festivalpreisen prämierten Kinodebüt offen. Dass die medizinische Behandlung für die Dörfler kostenfrei ist, weil sie aus Spenden und den verrechneten Gebühren wohlhabender Patienten finanziert wird, erfahren wir im Film nicht. Und auch der Schneeballeffekt der preiswerten Heilmethode wird allenfalls angeschnitten: Ruit schätzt, dass er in mehr als 30 Berufsjahren 100.000 Patienten helfen konnte. Seine Methode wurde längst in andere arme Länder exportiert; etwa nach Westafrika. Dort wenden sie inzwischen 300 Mediziner in 15 Ländern an.


Reinhard Kleber

 

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