Frieden braucht Frauen

Funmi Olonisakin, Karen Barnes, Eka Ikpe (Hg.)
Women, Peace and Security.
Translating Policy into Practice

Routledge Verlag, London 2010
246 Seiten, ca. 31 Euro


Die Verleihung des Friedensnobelpreises 2011 an Ellen Johnson Sirleaf und Leymah Gbowee aus Liberia sowie Tawakkul Karman aus dem Jemen setzt Zeichen für die Anerkennung der Friedensarbeit von Frauen. Das Nobelpreiskomitee nimmt in seiner Begründung ausdrücklich auf die Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrats zu „Frauen, Frieden und Sicherheit“ Bezug. Sie verlangt die systematische Mitwirkung von Frauen an Friedensprozessen und Friedensmissionen. Sie fordert die Beteiligung lokaler Frauenorganisationen an politischen Gremien, die über Nachkriegsordnungen verhandeln. Frauen sollen vor Gewalt geschützt und Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Sexualisierte Kriegsgewalt sei ein Kriegsverbrechen und eine Bedrohung des Weltfriedens, betonte der UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon wiederholt und forderte die Staatengemeinschaft auf, umfassende Gegenstrategien zu entwickeln.

Ob solche Appelle fruchten, ist Thema dieses Sammelbands. Er ist das Ergebnis intensiver Diskussionsprozesse afrikanischer und europäischer Friedensforscherinnen, die in London eine Arbeitsgruppe zu Konflikt, Sicherheit und Entwicklung gebildet hatten. Dreh- und Angelpunkt ist die Frage, wie Friedensprozesse gestaltet werden müssen, damit Nachkriegsordnungen geschlechtergerechter strukturiert werden. Die Autorinnen gehen davon aus, dass hier die Weichen für Entwicklungsprozesse gestellt werden.

Das Buch verbindet internationale, regionale und nationale Perspektiven, wobei der Schwerpunkt der insgesamt 15 Beiträge auf afrikanischen Länderstudien liegt. Sie durchleuchten das Vorgehen der UN-Friedensmissionen vor Ort sowie die Schwierigkeiten in der Abstimmung zwischen Blauhelmsoldaten, Gender-Planerinnen und lokalen Frauenorganisationen. Trotz länderspezifischer Besonderheiten zeigt sich vielerorts, dass der Dialog zwischen den Friedensaktivistinnen und dem UN-Personal verbessert werden muss, um frauenpolitische Interessen auf die Agenda zu setzen. Zwar nutzen die lokalen Aktivistinnen die UN-Resolution 1325 für ihre Lobbyarbeit, dennoch bleiben sie von grundlegenden Entscheidungen weitgehend ausgeschlossen. Auch innerhalb der UN-Kontingente spielt Gender eine marginale Rolle. Oft müssen sich die Gender-Beraterinnen abmühen, sexuelles Fehlverhalten der Blauhelmsoldaten zu verhindern, zumal das schon mancherorts ganze Missionen in Misskredit gebracht hat.

Die Lösungsansätze der Autorinnen beziehen sich auf die systematische Umsetzung der UN-Resolution 1325 innerhalb der UN-Friedensmissionen, auf den politischen Willen der Nachkriegsregierungen, Rechtsreformen zu verabschieden und umzusetzen, sowie auf die lokalen Organisationen, die mit Nachdruck Neuorientierungen einfordern. Die Autorinnen sind sich einig, dass die Nachkriegszeit Chancen für Strukturveränderungen bietet, umso wichtiger ist das Lernen aus bisherigen Fehlern. Für die internationale Staatengemeinschaft bedeutet das: Ernsthaftere Bemühungen, Geschlechtergerechtigkeit in Friedensprozessen und Nachkriegsordnungen zu verankern. Schließlich müssen die lokalen Aktivistinnen nach Abzug der Blauhelmtruppen die Kriegsfolgen weiter bewältigen, dafür brauchen sie tragfähige Grundlagen.


Rita Schäfer

 

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