Hotel Sahara

„Hotel Sahara“
Dokumentarfilm, Deutschland 2008,
Regie: Bettina Haasen,  85 Minuten,
Verleih: Neue Visionen, Filmstart (bundesweit): 6. August 2009,
www.hotelsahara.de

Der 20-jährige Lamiya aus Guinea träumt davon, ein Fußballheld wie Ronaldo zu werden. Ohne seinen Fußball würde er kein Boot nach Europa besteigen. Die gleichaltrige Chichi konnte den ersehnten Trip nach Amsterdam nur antreten, nachdem ihr Vater in Nigeria einen Teil seines Landes verkauft hat. Und Valtis aus Kamerun wollte im Norden Geld verdienen, um es seiner Familie zu schicken. Jetzt schlägt sich der 22-Jährige in Nouadhibou mühsam als Taxifahrer durch. Auch Lamiya und Chichi sind in der mauretanischen Hafenstadt gestrandet, die zu einem Sammelpunkt von Migrantinnen und Migranten aus dem subsaharischen Afrika geworden ist.

Von hier aus wollen sie auf Fischerbooten die lebensgefährliche Überfahrt zu den 1000 Kilometer entfernten Kanarischen Inseln wagen. Die deutsche Filmemacherin Bettina Haasen schildert in ihrem Dokumentarfilm „Hotel Sahara“ die Hoffnungen, Sehnsüchte und Enttäuschungen der zumeist jungen Frauen und Männer in der staubigen Stadt am Rande der Wüste. Sie verleiht den anonymen Migrations- und Opferstatistiken gleichsam ein Gesicht. „Wir sind jung, stark und motiviert, aber es gibt eine Wand, die uns hindert, weiterzukommen“, sagt der Kameruner Valtis. Solche Erfahrungen teilen die meisten seiner Schicksalsgenossen. Sie bleiben beim Versuch, die horrenden Geldbeträge für die Schmuggler aufzutreiben, oft hier hängen. Aus dem geplanten Zwischenstopp wird so die vorläufige Endstation für viele Sehnsüchte nach einem besseren Leben. Trotz schwieriger Drehbedingungen ist es Haasen gelungen, das Vertrauen der Migrantinnen und Migranten zu gewinnen, die off enherzig ihre Nöte gestehen. So wie der 33-jährige Nikou aus Mali. Er würde gerne seine Eltern wiedersehen, schreckt aber vor einer Rückkehr zurück: „Ich kann nicht mit leeren Händen kommen.“ Eher beiläufig thematisiert die Regisseurin auch die wenig erfolgreichen Versuche der spanischen Guardia Civil und der mauretanischen Behörden, die illegale Migration zu verhindern. Haasen beschreibt in ihrer episodisch angelegten Chronik kein ergreifendes hochdramatisches Einzelschicksal. Ihr Ziel war es, einen Film zu machen, „der vom Hoffen und Warten handelt, vom Dazwischen-Sein, von der Entwurzelung im Transitraum, die oft viele Jahre dauert.“

Der Verzicht auf einen Off -Kommentar und andere Gestaltungsmittel der TV-Reportage bekräftigen ihren Anspruch, einen ästhetisch ansprechenden Kinofilm zu machen. Entsprechend legt sie großen
Wert auf atmosphärisch dichte Bilder, auf ruhige Impressionen aus Gassen und von Dünen, die die Erzählungen der Protagonisten auflockern. Wenn die Kamera einen imposanten Schiffsfriedhof gleichsam als Menetekel ins Bild rückt oder über die vielen Satellitenschüsseln schwenkt, die verlockende TV-Programme aus Spanien in die Häuser holen, dann sind keine Worte nötig, um die Zuschauer ins Nachdenken zu bringen. (Reinhard Kleber)

 

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