Schweiz: Schlupflöcher im System

Die Schweiz will ihr Steuersystem für Unternehmen den Standards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) anpassen. Hilfswerke fürchten Nachteile für arme Länder.

Alliance Sud, der Zusammenschluss von sechs großen Hilfswerken, kritisiert die geplante Unternehmenssteuerreform. Sie sei entwicklungspolitisch schädlich und wirtschaftspolitisch überflüssig. Die Entwicklungsorganisationen befürchten, dass damit neue Anreize für internationale Großkonzerne geschaffen werden, ihre Auslandgewinne in die Schweiz zu verlagern.

So sollen zwar von der OECD kritisierte Sonderregeln in den Kantonen gestrichen werden. Im Gegenzug würden aber sogenannte Lizenzboxen geschaffen.  Dieses in einigen EU-Ländern praktizierte Steuerkonstrukt ermöglicht es, Erträge aus immateriellen Gütern wie Patente, Marken oder Design gesondert auszuweisen und zu einem tieferen Satz zu besteuern. Zudem sollen die Steuersätze für Unternehmen allgemein sinken, damit die Schweiz im globalen Standortwettbewerb konkurrenzfähig bleibt.

Steuern auf die Gewinne von Unternehmen seien jedoch für die Staatseinnahmen von Entwicklungsländern zentral, erklärt Alliance Sud. Der Internationale Währungsfonds IWF habe bereits 2011 den schädlichen Einfluss internationaler Steuerpraktiken auf die Einnahmen der Entwicklungsländer moniert. Global tätige Unternehmen haben viele Möglichkeiten, ihre Gewinne über den konzerninternen Güter- und Dienstleistungshandel in Gebiete zu verlagern, in denen die Steuern niedrig sind.

Einnahmeverluste von bis zu 160 Milliarden US-Dollar

Wie hoch die Einnahmeverluste der Entwicklungsländer durch solche Gewinntransfers sind, lässt sich nicht genau beziffern. Laut Schätzungen von Entwicklungsorganisationen betragen sie zwischen 114 und 160 Milliarden US-Dollar jährlich. Das übersteigt die Summe, die sämtliche OECD-Länder jährlich in die Entwicklungszusammenarbeit investieren.

Die Schweizer Regierung hat das Problem der Gewinntransfers bereits 2012 in ihrem Rohstoffbericht aufgegriffen. Darin räumte sie ein, dass Doppelbesteuerungsabkommen, mit denen missbräuchliche Verrechnungspraktiken geahndet werden könnten, oft nicht den gewünschten Erfolg bringen. Der Grund: Häufig fehle den Entwicklungsländern das Know-how, um zu überprüfen, ob Finanzströme innerhalb der Konzernstrukturen korrekt verrechnet werden.  

Entwicklungspolitisch sei es sinnvoller, auf jegliche steuerliche Anreize für solche Gewinnverschiebungen zu verzichten, betont Alliance Sud. Stattdessen solle sich die Schweiz auf internationaler Ebene „für eine Eindämmung der ruinösen Abwärtsspirale“ bei den Unternehmenssteuern einsetzen.

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erschienen in Ausgabe 3 / 2015: Nothilfe: Aus Trümmern Neues schaffen
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