Malawi will Abtreibungsverbot lockern

Müttersterblichkeit
Frauen sollten künftig keine Gefängnisstrafe mehr befürchten müssen, wenn sie nach einer Vergewaltigung oder nach Inzest abtreiben lassen. Die katholische Kirche, evangelikale Gruppen und christliche Mediziner sind entsetzt.

Bisher wurde Abtreibung in Malawi mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft, es sei denn, die Frau konnte belegen, dass ihr Leben durch die Schwangerschaft akut gefährdet war. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Lilongwe hat das rigide Abtreibungsverbot zur Folge, dass jedes Jahr etwa 70.000 Frauen illegal und oft unter unhygienischen Bedingungen abtreiben lassen. Bei knapp der Hälfte komme es im Nachhinein zu Komplikationen bis hin zum Tod. Und die Kosten für die Behandlung von Abtreibungskomplikationen schlagen in staatlichen Krankenhäusern laut Ministerium mit umgerechnet 900.000 Euro jährlich zu Buche.

Malawi mit seinen knapp 18 Millionen Einwohnern zählt zu den 20 Staaten weltweit mit der höchsten Müttersterblichkeit: Auf 100.000 lebend geborene Kinder kommen 634 Frauen, die während der Entbindung oder danach sterben. (In Deutschland und anderen Industrienationen sind es im Durchschnitt nur vier Schwangere.) Das malawische Gesundheitsministerium führt 17 Prozent aller Todesfälle bei Schwangerschaften oder Geburten darauf zurück, dass die Frauen vorher unsichere Abtreibungen durchgeführt haben. Mit dem Argument, die hohe Müttersterblichkeit senken zu wollen, hat die Regierung dem Parlament nun einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der Abtreibung auch im Fall einer Vergewaltigung oder bei Inzest erlaubt.

Katholische Kirche spricht von Propaganda

Die Kirchen in Malawi, die einen großen Einfluss auf das Verhalten ihrer Mitglieder haben, sind sich uneins in der Beurteilung dieser Lockerung. Der Malawische Kirchenrat (MCC), zu dem 25 protestantische und anglikanische Kirchen und Organisationen gehören, befürwortet zumindest offiziell die neue Regelung. „Wir schätzen die Bemühungen der Regierung, die Müttersterblichkeit infolge ungewollter Schwangerschaften anzugehen. Wenn wir das Leben wertschätzen, können wir nicht zulassen, dass unsere Frauen bei unsicheren Abtreibungen sterben“, sagte der Vorsitzende des Kirchenrats, Alex Benson Maulana. Einige, vor allem evangelikale Mitglieder des MCC wollen das nicht mittragen und distanzieren sich von der gemeinsamen Erklärung. Sie haben die Parlamentsabgeordneten aus ihren Reihen aufgerufen, gegen das neue Gesetz zu stimmen. Und auch Maulana sagt, man werde weiter predigen, „dass Abtreibung eine Sünde ist“.

Auch die katholische Kirche läuft gegen das Vorhaben der Regierung Sturm. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Thomas Luke Msusa, nannte die Zahlen aus dem Ministerium Propaganda, mit der der Staat vor allem in ärmlichen Gebieten für Abtreibungen Werbung mache. Es gebe nach wie vor keine Argumente für den Schwangerschaftsabbruch, sagte Msusa und rief die katholischen Gläubigen auf, sich gegen die Lockerung des Verbots zu stellen. Das Leben sei ab der Zeugung unantastbar. Frauen, die nach einer Vergewaltigung schwanger geworden seien, brauchten vor allem Beratung und Seelsorge, keine Abtreibung. Katholiken bilden mit 23 Prozent der Bevölkerung die größte der christlichen Gemeinschaften in Malawi.

Unterstützung bekommt die katholische Kirche von der Vereinigung Christlicher Ärzte und Zahnärzte in Malawi (Christian Medical and Dental Fellowship in Malawi, CMDF-Malawi). In einer Erklärung stellen sie die Behauptung in Frage, mit einer Lockerung des Abtreibungsgesetzes könne die Müttersterblichkeit deutlich gesenkt werden. Eine Studie über die Ursachen der Müttersterblichkeit in einem ländlichen Distrikt in Malawi belege, dass nur in sechs Prozent der Fälle der Tod der Frau auf Komplikationen nach einer Abtreibung zurückzuführen sei. Das Problem müsse mit anderen Maßnahmen bekämpft werden, etwa indem die allgemeine Gesundheitsversorgung verbessert werde. CMDF-Malawi verweist darauf, dass in Ländern wie Ägypten oder Mauritius, die ebenfalls sehr strikte Abtreibungsgesetze haben, die Müttersterblichkeit auf diesem Weg gesenkt worden sei.

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erschienen in Ausgabe 12 / 2016: Energie für alle
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