Mehr Engagement im Ausland?

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Seit 1999 beteiligt die Schweiz sich an der internationalen Kosovo-Schutztruppe KFOR.

Schweizer Armee
Die Schweiz will mit den Vereinten Nationen bei der Ausbildung von Soldaten für Friedensmissionen in Zukunft enger kooperieren. Dagegen haben selbst Armeegegner keine Einwände. Wohl aber gegen Pläne der Regierung, Schweizer Soldaten wieder an größeren bewaffneten Einsätzen teilnehmen zu lassen.

Ende November fällte der Bundesrat gleich zwei Entscheidungen, die die Schweizer militärische Friedensförderung betreffen. Der Einsatz der Swiss Company (Swisscoy) im Rahmen der multinationalen Kosovo Force soll über Dezember 2020 hinaus verlängert und das Kontingent von heute maximal 165 auf 195 Personen erweitert werden. Der Bundesrat hat zudem die rechtliche Grundlage für eine engere Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen bei der Ausbildung für militärische Friedensmissionen geschaffen. Die Schweizer Armee stellt ihr bereits von den UN zertifiziertes Ausbildungszentrum in Stans in der Zentralschweiz zur Verfügung. Die Schweiz profitiere so vom Zugang zu Erfahrungen der UN in der militärischen Friedensförderung und unterstütze die Reformbemühungen der UN im Bereich Ausbildung, schreibt das zuständige Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) auf Anfrage.

Die Erfolgsbilanzen von UN-Friedensmissionen beurteilt das Departement als gemischt. Die Schweiz unterstütze die Reform­anstrengungen seit 2015, die das Personal von truppenstellenden Staaten besser auf die Aufgaben in den Missionen vorbereiten sollen, schreibt das VBS. Am Ausbildungszentrum in Stans werden nach einem Pilotkurs im Februar 2019 von nun an vor allem das für „Schlüsselpositionen vorgesehene Personal“, darunter Stabsoffiziere, mit neu konzipierten UN-Lehrmitteln ausgebildet. Schweizer Armeeangehörige sind im Balkan, im Nahen Osten sowie in Afrika unter anderem in Mali und im Südsudan und an der Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea, der ältesten Schweizer militärischen Friedensmission, im Einsatz.

Nur wenige Schweizer Frauen im Einsatz

Die Schweizer Armee hat grundsätzlich keine Probleme, angefragtes Personal für militärische Friedensmissionen bereitzustellen. Das sagt Daniel Seckler, der stellvertretende ...

Die internationalen Friedensmissionen seien ein wichtiges Instrument in der Außen-, Sicherheits- und Friedenspolitik der Schweiz, die seit 1815 als neutrales Land gilt, schreibt das VBS: „Die Steigerung der Qualität in diesem Bereich ist somit direkt auch im Interesse der Schweiz.“ Die militärische Friedensförderung ist im Schweizer Militärgesetz verankert. Einsätze können auf der Grundlage eines UN- oder OSZE- Mandates angeordnet werden, müssen aber den Grundsätzen der schweizerischen Außen- und Sicherheitspolitik entsprechen. Im Gesetz steht auch: „Die Teilnahme an Kampfhandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen.“

Nur zum Selbstschutz bewaffnet

Gegenwärtig sind rund 250 Schweizerinnen und Schweizer in 19 Ländern im Einsatz, darunter gut 30 Personen in auf ein Jahr befristeten Einsätzen mit einer UN-Friedensmission, etwa als Militärbeobachter auf den Golanhöhen oder im Kongo. Weitere Schweizer Armeeangehörige sind im Rahmen von OSZE-Missionen etwa in der Ukraine unter anderem als Stabsoffiziere im Einsatz.

Bei diesen Einsätzen sind die Schweizer Armeeangehörigen nur zum Selbstschutz bewaffnet. Doch im Oktober sagte Markus Mäder, Chef Internationale Beziehungen in der Gruppe Verteidigung im Armeestab, dass die Schweiz eine Teilnahme an einer größeren und bewaffneten UN-Mission wieder in Betracht ziehen müsse. Auf einer Tagung nannte er die Entsendung eines „weiteren Kontingentes in der Größe einer Kompanie“ als Ziel, wie das Schweizer Radio und Fernsehen SRF berichtete.

Die UN habe ihr grundsätzliches Interesse an einem größeren Einsatz der Schweiz bereits angemeldet, wurde Mäder im SRF-Bericht weiter zitiert. Gemäß dem VBS ist ein entsprechender Bericht zu rechtlichen und politischen Fragen in Arbeit und soll in der ersten Jahreshälfte 2020 dem Parlament vorgelegt werden, das längere bewaffnete Einsätze von mehr als 100 Armeeangehörigen genehmigen muss. Mit 85 Soldaten beteiligte sich die Schweizer Armee zuletzt vor mehr als 25 Jahren mit einem größeren Kontingent an der UN-Mission in der Westsahara.

Kritik an den Plänen

Die Gesellschaft für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) lehnt diese Pläne der Schweizer Armee strikt ab. Einzelne Schweizer Soldaten und Soldatinnen sollten sich den Friedenstruppen der Vereinten Nationen anschließen dürfen, doch ein Kampfeinsatz der Schweizer Armee kommt für die GSoA nicht infrage – „auch wenn sich dieser Einsatz ausschließlich im Rahmen einer UN-Mission bewegt“. Der SRF-Bericht zeige, dass solche Überlegungen im Departement für Verteidigung „bereits jetzt in größerem Rahmen diskutiert werden“, schreibt die GSoA auf Anfrage.

Vor 30 Jahren hatte die GSoA eine Initiative zur Abschaffung der Schweizer Armee lanciert. Im November 1989 stimmten mehr als ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger, bei einer Beteiligung von fast 70 Prozent, für die Abschaffung der Armee. Seit diesem Tag hat die Armee nach Ansicht der GSoA „ihre dominante Rolle in unserer Gesellschaft verloren“. Die GSoA engagiert sich heute gegen Waffenexporte und militärische Auslandseinsätze.

Gegen das Ausbildungsabkommen mit den Vereinten Nationen hat die GSoA im Prinzip keine Einwände. Es berge allerdings die Gefahr, dass dadurch Auslandseinsätze der Schweizer Armee größere Zustimmung im Parlament und in der Schweizer Bevölkerung erhalten könnten.

Militärische Friedensmissionen sollten nicht im Vordergrund stehen, sondern die zivile und politische Konfliktbearbeitung, schreibt die GSoA. Maßnahmen wie die Unterstützung von Demokratisierungsprozessen und die Stärkung der Zivilgesellschaft im Ausland müssten gestärkt und ausreichend finanziert werden. Nur die zivile Friedensförderung wirke langfristig. „Militärische Interventionen können das nicht garantieren.“

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erschienen in Ausgabe 2 / 2020: Meinungs- und Pressefreiheit
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