Licht im Dunkeln

Doris Dialer Die EU-Entwicklungspolitik im Brennpunkt. Eine Analyse der politischen Dimension des Cotonou-Abkommens Verlag Brandes & Apsel, Frankfurt 2007, 296 Seiten, 29,90 Euro

Die Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union (EU) ist selbst für Experten oft ein Buch mit sieben Siegeln. Zu kompliziert ist die Struktur, zu unübersichtlich sind die Themen und Zuständigkeiten. Doris Dialer bringt mit ihrer Dissertation, die nun als Buch vorliegt, Licht in das Dunkel. Sie erläutert in klarer Sprache die Zusammenarbeit der EU mit der Gruppe der 79 afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten. Zentraler Analysegegenstand ist die Neuordnung der Beziehungen mit dem 2003 in Kraft getretenen Cotonou-Abkommen.

Laut Dialer läutet Cotonou eine qualitativ neue Stufe der politischen Zusammenarbeit zwischen der EU und den AKP-Staaten ein, die über die reine Entwicklungszusammenarbeit hinausgeht.  Diese „Politisierung der Partnerschaft“ gehe zurück auf die Emanzipierung der AKP-Staaten aus ihrer „unverschuldeten Unmündigkeit“ als Kolonialstaaten. Dazu im Widerspruch stünden jedoch die erhöhte politische Konditionalität sowie verschärfte Sanktionsmechanismen, die in dem Abkommen vorgesehen sind. Laut Dialer ist die europäische Sicht auf die AKP als „Entwicklungsländer“ durch die neue gleichberechtigte Partnerschaft in Cotonou obsolet geworden. Diese Einschätzung erscheint vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen jedoch fraglich. Bei den Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den AKP-Staaten und der EU wird die Verhandlungsmacht des Gebers EU ebenso deutlich wie bei der „partnerschaftlichen“ Festlegung der Prioritäten für die Entwicklungszusammenarbeit in einzelnen Ländern und Regionen.

Der theoretische Rahmen des Buches baut auf Elementen der internationalen Interdependenz- und Integrationstheorien auf und stützt sich auf Diskursanalysen. Neben dem Schwerpunkt der Untersuchung, der neuen politischen Dimension der Zusammenarbeit, behandelt Dialer auch die wirtschaftlichen Dimension, den Vergleich mit anderen internationalen Organisationen (den UN) sowie die Revision von Cotonou 2005. Zum Abschluss geht sie am Fallbeispiel Elfenbeinküste auf die Gefahr der Überlagerung entwicklungspolitischer durch sicherheitspolitische Interessen der EU ein.

Etwas unbefriedigend ist nach der präzisen Analyse die abschließende Bewertung: Wie die Ergebnisse zeigten, heißt es im Schlusskapitel, „bleibt die europäische Entwicklungspolitik auch nach Cotonou ambivalent“. Hier hätte man sich bei allem Verständnis für den Anspruch wissenschaftlicher Objektivität doch ein entschiedeneres politisches Urteil gewünscht.

Frithjof Schmidt

welt-sichten 12-2008/01-2009

 

erschienen in Ausgabe 12 / 2008: Wirkung der Entwicklungshilfe
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