Viel Holz, wenig Früchte

Die industrielle Nutzung von Tropenwäldern bringt den Armen nichts

Sie speichern Kohlendioxid, liefern nachwachsende Rohstoffe und ernähren 160 Millionen Menschen weltweit. Und sie sind bedroht: Jedes Jahr werden 14,5 Millionen Hektar tropischer Regenwald abgeholzt, gerodet oder verbrannt. An diesem Tempo hat sich trotz des Einsatzes von Umwelt- und Klimaschützern wenig geändert. Nun musste die Weltbank Anfang Februar einen schweren Rückschlag hinnehmen. Ihre ambitionierte Waldstrategie sei weitgehend gescheitert, befand die eigene Evaluierungskommission (Independent Evaluation Group, IEG) der Bank.

Sie habe ihr Ziel verfehlt, im Kampf um den Erhalt von Tropenwäldern gleichzeitig die Umwelt zu schützen, das Klima zu retten und die Armut zu verringern. Vor allem letzteres sei nicht in befriedigendem Maße erreicht worden, heißt es in dem knapp 200 Seiten starken Bericht, für den die Autoren Hunderte Menschen befragt und zahlreiche Projekte besucht haben. In nur zwei von 37 untersuchten Waldschutzgebieten sind für die Anwohner laut IEG neue Möglichkeiten geschaffen worden, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. In zahlreichen Fällen seien Menschen sogar zum Wegzug gezwungen worden.

Dabei hatte sich die Weltbank so viel vorgenommen. Seit 2002 hat sie rund vier Milliarden US-Dollar ausgegeben und damit knapp 350 Waldprojekte in 75 Ländern gefördert. Sie unterstützt unter anderem Regierungen darin, ökologisch und sozial verträgliche Konzessionen für den industriellen Holzeinschlag zu vergeben. Kontrolliertes und selektives Abholzen, so die Hoffnung, könne den Wald in seiner biologischen Vielfalt bewahren und zugleich die Wirtschaft ankurbeln – lokal und national. Die Weltbank hob dafür sogar ein zuvor geltendes Verbot des industriellen Holzeinschlags für ihre Projekte auf.

Autorin

Gesine Kauffmann

ist Redakteurin bei "welt-sichten".

Der Nutzen einer industriellen Nutzung von Tropenwäldern für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung ist unter Wissenschaftlern freilich umstritten. Die Autoren einer Studie in der US-amerikanischen Wissenschaftszeitschrift „Bioscience“ etwa vertreten die Ansicht, ein nachhaltiger Holzeinschlag in Tropenwäldern sei aufgrund ihrer biologischen Eigenarten nicht nur unrealistisch, sondern wäre auch nicht profitabel. Tropenholz dürfe nur in sehr geringen Mengen und großen zeitlichen Abständen gefällt werden, damit sich der Wald erholen könne, schreiben die Wissenschaftler. Damit könne keine Firma Gewinn machen. Die geltenden Richtlinien für nachhaltiges Abholzen seien zu lasch. Die IEG empfiehlt der Weltbank, die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Folgen ihres Engagements für den industriellen Holzeinschlag genau zu prüfen. Und dann zu entscheiden, ob sie das weiter unterstützen sollte. Damit haben die Evaluierer offenbar einen wunden Punkt getroffen: Die Weltbank-Verantwortlichen schmetterten die Empfehlung kurzerhand ab und warfen der IEG vor, ihr Bericht sei ungenau und nicht vollständig. Er lasse ein Verständnis dafür vermissen, wie vielschichtig das Engagement der Bank bei der nachhaltigen Bewirtschaftung von Tropenwäldern sei und erkenne Erfolge nicht an. In der Stellungnahme zu dem Gutachten verweist die Weltbank auf die Demokratische Republik Kongo, wo es gelungen sei, seit 2003 illegale Konzessionen für den Holzeinschlag auf rund 25 Millionen Hektar zu stoppen.

Schlechtes Zeichen: Der Holzkonzern Rougier soll gefördert werden

Es ist ein großes Verdienst der Weltbank, dass sie ihre Arbeit von unabhängigen Experten evaluieren und die Ergebnisse veröffentlichen lässt, so wenig schmeichelhaft sie auch sein mögen. Doch die Organisation, deren Aufgabe es schließlich ist, Entwicklung zu fördern, sollte darüber hinaus die Erkenntnisse zum Anlass nehmen, ihre Waldstrategie zu überdenken – oder zumindest mit Kritikern darüber zu diskutieren. Die bisherigen Reaktionen lassen daran allerdings zweifeln. Dabei ist es möglich, Tropenwälder ökologisch und sozial verträglich zu bewirtschaften; das meinen sogar die Autoren der kritischen „Bioscience“-Studie – und es gibt Weltbank-Projekte, die das belegen. Voraussetzung: Die Gemeinschaften der Anwohner sorgen selbst dafür, dass sie nur so viel Holz ernten, wie sie brauchen, und den Wald sonst für Ökotourismus nutzen oder andere Produkte daraus verkaufen, etwa Harz oder getrocknete Pilze.

Darauf sollte die Weltbank ihre Förderpolitik konzentrieren, statt die industrielle Nutzung zu unterstützen. Aber die Zeichen deuten in eine andere Richtung. Die International Finance Corporation (IFC), der private Arm der Bank, plant derzeit, den französischen Holzkonzern Rougier mit 22,7 Millionen Euro zu fördern. Rougier baut im Kongobecken 600.000 Kubikmeter Tropenholz pro Jahr ab und will gerne expandieren.   

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erschienen in Ausgabe 3 / 2013: Neue Geber: Konkurrenz stört das Geschäft
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