Taliban-Gewalt gegen Medien in Afghanistan nimmt zu

Frankfurt a.M./New York - Taliban-Extremisten in Afghanistan greifen nach Erkenntnissen von Human Rights Watch in zunehmendem Maße gezielt Journalisten an. Drohungen gegen und Angriffe auf Medienvertreter hätten seit Beginn der Gespräche zwischen der Regierung und den Taliban vor rund einem halben Jahr stark zugenommen, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag in New York. Dies unterstreiche Bedenken, was den ausreichenden Schutz von Meinungs- und Pressefreiheit in einer möglichen Friedensvereinbarung angehe.

In Regionen mit starkem Taliban-Einfluss zeichne sich ein Muster von Drohungen, Einschüchterungen und Gewalt gegen Medienmitarbeiter ab, heißt es in dem Bericht von Human Rights Watch (HRW). Auch in der Hauptstadt Kabul sei dies zu beobachten. Doch auch Journalisten außerhalb der von den Taliban kontrollierten Gebiete würden bedroht. Dabei zeige sich, dass die Extremisten oft genaue Kenntnisse über Arbeit und Familie der Medienvertreter hätten. Journalisten hätten die Erfahrung gemacht, dass sich kein Medienvertreter mehr sicher fühlen könne.

Frauen sind besonders gefährdet

Besonders gefährdet seien Frauen und dabei vor allem jene, die in Fernsehen und Radio arbeiten. Journalistinnen würden möglicherweise nicht nur wegen ihrer Berichte angegriffen, sondern auch weil sie die traditionelle Frauenrolle aufgegeben hätten. Auch Medienschaffende außerhalb der großen Städte seien einem höheren Risiko ausgesetzt.

Eine Welle von Drohungen und Gewalt sende eine Schreckensbotschaft an die afghanischen Medien während der Verhandlungen zwischen Regierung und Taliban, erklärte HRW-Asienexpertin Patricia Gossman. Afghanische Regierungsvertreter und die aufständischen Taliban verhandeln seit dem vergangenen Herbst in Doha im Emirat Katar über eine friedliche Beilegung des Konflikts. Die Gespräche stocken, Angriffe und Anschläge bleiben in Afghanistan auf der Tagesordnung.

Human Rights Watch befragte für den Bericht 46 afghanische Medienschaffende zwischen November 2020 und März 2021, vier von ihnen hatten das Land nach Drohungen bereits verlassen. In mehreren dokumentierten Fällen wurden Journalisten stundenlang oder über Nacht von Extremisten festgehalten. Aus dem politischen Büro der Taliban in Doha seien die Vorwürfe zurückgewiesen worden. Taliban-Vertreter hätten betont, sie verlangten lediglich, dass Journalisten die islamischen Werte respektierten. Laut HRW bedrohen Kommandeure vor Ort aber gezielt Journalisten wegen deren Berichterstattung. Diese Kommandeure hätten einen beträchtlichen Spielraum für Repressionen bis hin zu gezielten Tötungen

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