Strafverfahren wegen Sturm auf den Kongress in Brasilien eröffnet

Berlin/São Paulo - Der Oberste Bundesgerichtshof in Brasilien hat Strafverfahren gegen 100 Verdächtige wegen der Erstürmung des Kongresses Anfang Januar eröffnet. Dafür stimmten die Richter mehrheitlich am Montagabend (Ortszeit), wie das Nachrichtenportal „G1“ berichtet. Den Beschuldigten werden Delikte wie versuchter Staatsstreich, Vandalismus und Zerstörung des kulturellen Erbes vorgeworfen. Insgesamt hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen 1.390 radikale Anhänger von Ex-Präsident Jair Bolsonaro aufgenommen. 

Am 8. Januar erstürmten hunderte Bolsonaro-Anhänger die Gebäude des Kongresses, des Präsidentenpalastes und des Obersten Gerichtshofes in der Hauptstadt Brasília. Sie randalierten in den Gebäuden, warfen Mobiliar aus dem Fenster und zerstörten wertvolle Kunstwerke. Die Polizei brachte die Situation erst nach Stunden unter Kontrolle. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva sprach von einem Putschversuch und warf dem rechtsextremen Bolsonaro vor, seine Anhänger aufgewiegelt zu haben. Bolsonaro erkennt bis heute seine Niederlage gegen Lula bei der Stichwahl im Oktober nicht an. 

Die Richter hatten Video-Aufzeichnungen ausgewertet und Zeugen gehört. Gegen die Anklageschriften können die Beschuldigten Berufung einlegen. Der Oberste Richter und zuständige Berichterstatter, Alexandre Moraes, erklärte, die Randalierer hätten eindeutig gegen die Verfassung verstoßen und beabsichtigt, das demokratische System zu zerstören. 

Die Anwälte der Beschuldigten kritisierten, die Staatsanwaltschaft habe nicht das Verhalten der einzelnen Eindringlinge bei den Krawallen beurteilt. Dem widersprach die Anklagebehörde mit dem Hinweis auf eine Reihe von personalisierten Beweisen wie Nachrichten in den sozialen Netzwerken, Fotos und Zeugenaussagen. Bis zum 2. Mai wollen die Obersten Richter beraten und dann über den Fortgang der Verhandlungen entscheiden.Ermittelt wird auch gegen Ex-Präsident Bolsonaro. Allerdings ist noch unklar, ob es zur Anklage kommt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm deshalb unter anderem Machtmissbrauch vor.

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