Brasilien: Erster Prozess wegen Sturm auf Regierungsviertel

Berlin/São Paulo - In Brasilien hat vor dem Obersten Gericht der erste Prozess wegen des Sturms auf das Regierungsviertel im Januar begonnen. Den vier Angeklagten werden versuchter Putsch, Verschwörung und schwerer Vandalismus von Staatseigentum vorgeworfen, wie die Nachrichtenagentur Agência Brasil am Mittwochabend (Ortszeit) berichtete. Bei Verurteilung drohen ihnen bis zu 30 Jahre Haft.

Es ist der erste von einer Reihe weiterer Gerichtsverfahren. Insgesamt liegen dem Gericht 1.390 Anklagen wegen der Beteiligung an dem Sturm auf die Gebäude des Kongresses, des Präsidentenpalastes und des Obersten Gerichtshofes am 8. Januar dieses Jahres vor. Bei den Angeklagten handelt es sich um radikale Anhänger des rechtsextremen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro, der bis heute seine Wahlniederlage nicht offiziell anerkannt hat. 

Der Oberste Richter Alexandre de Moraes hob zu Beginn der Verhandlung den „symbolischen Charakter“ des Prozesses hervor. Die Angeklagten seien Teil eines „gewalttätigen Mob“, der mit der Putsch-Aktion die klare Absicht verfolgt habe, demokratische Prozesse zu zerstören. Er verwies darauf, dass sich jeder der 1.390 Angeklagten individuell verantworten müsse. Das brasilianische Recht kenne keine „kollektive Verantwortung“.

Am 8. Januar erstürmten Hunderte Bolsonaro-Anhänger die Gebäude im Regierungsviertel und randalierten dort. Sie warfen Mobiliar aus dem Fenster und zerstörten wertvolle Kunstwerke. Die Polizei war unvorbereitet und brachte die Situation erst nach Stunden unter Kontrolle. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva sprach von einem Putschversuch und hielt Bolsonaro vor, seine Anhänger aufgewiegelt zu haben.

Gegen Bolsonaro laufen derzeit zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen Machtmissbrauchs und Korruption. Im Juni war Bolsonaro bereits vom Obersten Wahlgericht wegen seiner unbelegten Behauptungen von Wahlbetrug für acht Jahre von allen politischen Ämtern ausgeschlossen worden. 

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