Rechtspopulist gewinnt: historischer Regierungswechsel in Argentinien

Argentiniens künftiger Präsident, Javier Milei, will den Staat radikal umbauen und die Sozialausgaben kürzen. Die internationalen Reaktionen auf seinen Sieg sind eher zurückhaltend.

Berlin/Buenos Aires - Argentinien steht vor einem historischen Regierungswechsel: Der ultrarechte Ökonom Javier Milei gewann die Stichwahl um das Präsidentenamt mit 55,7 Prozent überraschend deutlich. Wirtschaftsminister Sergio Massa von dem Mitte-Links-Bündnis Unión por la Patria (Union für das Vaterland) kam auf 44,30 Prozent der Stimmen, wie die Wahlbehörde in der Nacht auf Montag (Ortszeit) nach Auszählung fast aller Stimmen bekannt gab.

Die Abstimmung fand inmitten einer schweren Wirtschaftskrise statt. Die Inflationsrate ist auf 140 Prozent geklettert, 40 Prozent der Menschen leben in Armut. Der Rechtspopulist Milei inszenierte sich im Wahlkampf als politischer Außenseiter und versprach einen Ausweg aus der Krise. Damit gewann der 53-Jährige in 21 der 24 Provinzen des Landes. Einzig in der Hochburg der Peronisten, in Buenos Aires, lag der Regierungskandidat Massa vorn.

"Jetzt beginnt der Wiederaufbau Argentiniens", sagte Milei nach dem Wahlsieg vor seinen jubelnden Anhängern. Er kündigte "drastische Reformen" an. Der neue Präsident wird am 10. Dezember in das Amt eingeführt. Milei wurde auch von der konservativen Opposition um Ex-Präsident Mauricio Macri unterstützt. 

Die internationalen Reaktionen auf den Wahlsieg des Rechtspopulisten waren gespalten. Der frühere US-Präsident Donald Trump schrieb in dem von ihm mitbegründeten sozialen Netzwerk Truth Social: "Ich bin sehr stolz auf Sie. Sie werden Ihr Land umkrempeln und Argentinien wirklich wieder großartig machen!" US-Außenminister Antony Blinken äußerte sich zurückhaltender und hofft auf eine Zusammenarbeit "bei gemeinsamen Prioritäten".

Kolumbiens Präsident Gustavo Petro schrieb auf X, vormals Twitter: "In Argentinien hat die extreme Rechte gesiegt, das ist die Entscheidung der Gesellschaft. Traurig für Lateinamerika." Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva gratulierte dem Wahlsieger und erklärte, Brasilien sei zu einer weiteren Zusammenarbeit bereit. Argentinien ist Brasiliens größter Wirtschaftspartner in Lateinamerika.

Der selbst ernannte Anarchokapitalist Milei fordert einen radikalen Umbau des Staates, die Abschaffung der Zentralbank und die Einführung des US-Dollars als Zahlungsmittel. Er will das Waffenrecht liberalisieren und Abtreibungen verbieten. Sozialausgaben sollen gekürzt werden, und Kritiker befürchten die Privatisierung des Bildungs- und Gesundheitssystems. Der "korrupten und parasitären Politiker-Kaste" wolle er sein Modell der Freiheit entgegensetzen, sagte Milei immer wieder.

Argentinien ist beim Internationalen Währungsfonds (IWF) hoch verschuldet. Gleichzeitig gilt der Staatsapparat als aufgebläht. Die Landeswährung Peso verlor gegenüber dem Dollar immer weiter an Wert. Immer wieder kommt es zu Massendemonstrationen und Protesten, bei denen die Menschen mehr staatliche Unterstützung und den Kampf der Regierung gegen prekäre Arbeitsplätze einfordern.

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