Der Sammelband setzt sich kritisch mit der Missionserklärung „Gemeinsam für das Leben“ des Ökumenischen Rates der Kirchen auseinander. Er liefert viele Denkanstöße – auch für nicht christliche Leserinnen und Leser.
„Bei uns und in vielen anderen Ländern Europas ist Mission ein verbranntes Wort“, meint Pfarrerin Uta Andrée, Mitglied der Theologischen Kommission des Evangelischen Missionswerkes in Deutschland, die den Band herausgegeben hat. Kritisch gewürdigt wird darin die – im Schlussteil dokumentierte – Missionserklärung des Ökumenischen Rates von 2012. Sie spiegelt den Wandel im ökumenischen Nachdenken über Mission wider. Und auch den Versuch, dem verbrannten Wort neue Inhalte zu verleihen. Doch der gelingt nur zum Teil, kritisieren mehrere Autoren.
Pfarrerin Gerdi Nützel sieht in der Erklärung mit ihrer Zielbestimmung „Leben in Fülle“ hingegen ein missionarisches Kommunikationsangebot für Menschen anderer Kulturen, Religionen und Weltanschauungen. Die Anschlussfähigkeit, etwa an Konzepte wie das indigene „buen vivir“, ist gewollt: Denn der Geist Gottes wirkt, so die Erklärung, in allen Kulturen, die für das Leben eintreten, und auch in anderen Glaubenstraditionen.
Ein Kerngedanke des ÖRK-Textes ist der der Mission von den Rändern her – und damit die Abkehr von Mission als Expansion von einem christlichen Zentrum aus. Letztere habe sich oft zum Komplizen unterdrückerischer und lebensfeindlicher Systeme gemacht. Sie habe größtenteils darin versagt, wirtschaftliche, soziale, kulturelle und politische Systeme kritisch zu hinterfragen, heißt es in der Erklärung. Stattdessen wird nun gefordert: „Wir müssen unsere Mission neu auf die Wege ausrichten, die die Marginalisierten heute selbst gehen.“
Wie das aussehen kann, zeigen Beispiele. Die aus Indonesien stammende Pfarrerin Agustwati Hildebrand Rambe schreibt über Impulse für die Arbeit mit interkulturellen Gemeinden in Deutschland, der katholische Theologe Giancarlo Collet definiert eine „aktuelle missionarische Herausforderung“, nämlich Landgrabbing. Das Thema Land wird in der Erklärung selbst nur sehr allgemein zur Sprache gebracht. Insgesamt gibt das Buch viele Denkanstöße – auch für Laien und nicht-christliche Leser.
Anja Ruf
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