Das Geheime bleibt geheim

Florian Horcicka will Licht in dunkle Geldgeschäfte bringen. Doch mit seinem als Thriller verkleideten Sachbuch erreicht er genau das Gegenteil: Die klandestinen Machenschaften der Diktatoren bleiben undurchsichtig.  

„Spannend wie ein Krimi“, so bewirbt der Verlag das Buch. Tatsächlich spielen darin ähnliche Milieus eine Rolle: Um die Geschäfte mit blutigem Diktatorengeld zu verstehen, müsse man – meint der Autor – tief in eine Art Parallelgesellschaft eintauchen, etwa in die beim „Italiener“ in der Wiener Innenstadt. Dort lungern im Barbereich Geschäftsmänner herum, die in ihre Gespräche gerne ihre Kontakte ins österreichische Verteidigungsministerium oder zu hochrangigen Polizeibeamten einfließen lassen.

Die Zahl der Handlungsstränge, Tatorte und Verdächtigen dieses „Krimis“ allerdings übersteigt das übliche Maß bei Weitem. Um Geldwäsche geht es, um Steuerhinterziehung großen Stils und manchmal sogar um Mord. Um undurchsichtige Machenschaften also, die das Buch manchmal noch verwirrender macht, als sie es in Wirklichkeit ohnehin sind.

Zum Beispiel die Geschichte über den kleinen Wiener Fußballverein Ottakring. Der Verein wurde 2014 von Investoren aus Aserbaidschan übernommen und in „FC Karabakh“ umgetauft. Warum? Der Autor erklärt die Übernahme mit der Imagepflege von Ilham Alijew, Aserbaidschans Präsidenten. Die trage Früchte: So hat das Kaukasusland vom europäischen Fußballverband UEFA den Zuschlag für mehrere Spiele der Fußball-Europameisterschaft 2020 bekommen – was Horcicka angesichts der politischen Gefangenen dort sicher zu Recht kritisiert.

Bis zu diesem Kern der Geschichte muss man sich allerdings durch zwei Buchseiten kämpfen, auf denen unzählige Personen und Verbindungen geschildert werden mit dem Ziel, eine Beziehung herzustellen zwischen dem FC Karabakh in Wien und den Öl-Millionen des Alijew-Regimes. Der UEFA wirft Horcicka vor, diese Millionen bestimmten ihre Entscheidung. Der aktuelle Korruptionsskandal beim Weltfußballverband FIFA, in dessen Zusammenhang auch der Verdacht aufgetaucht ist, die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 seien manipuliert, könnte solche Vorwürfe gegen die UEFA im Nachhinein erhärten. Doch wie begründet sie tatsächlich sind, lässt sich nach der Lektüre des Kapitels nicht sagen.

Die Verlockung durch das große Geld aus dem Ölgeschäft beeinflusst nach Horcickas Ansicht zudem die Beziehungen zwischen Österreich und Aserbaidschan. Als Beweis dafür skizziert er Querverbindungen: etwa zwischen der österreichisch-aserbaidschanischen Handelskammer, der Frau eines EU-Kommissars, einem hohen Manager des Flughafens in Wien und einer österreichischen Privatbank. Nicht dass solche Verflechtungen, solche Seilschaften nicht existieren können. Doch um die österreichische Politik zu kritisieren, muss nicht die Aura des Geheimnisvollen konstruiert werden. Dafür reicht der Blick auf ökonomische und politische Interessen.

Auch die übrigen Beispiele aus der Welt der dunklen Gelder sind nach einem ähnlichen Muster gestrickt. Ob die „Gaddafi-Connection“, die „Gelder des Suharto-Clans“, die „Nordkorea-Geldpipeline nach Wien“ oder die „Millionen aus der Steppe“: Immer ist es eine Mischung aus Kriminalstory, zwielichtigen Gestalten, unüberschaubaren Verbindungen und eingestreuten Tatsachen, die jedoch oft nur mit einem Zeitungsartikel belegt werden. Oder gar nicht. Solide Erkenntnisse, wie die Anlage schmutziger Gelder wirklich funktioniert, lassen sich aus der Lektüre dieses Buches kaum ziehen.

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