Schnitzeljagd nach Bio-Gemüse

Die Wahrheit über unser Essen erfährt man im Buch des preisgekrönten Journalisten Peter Laufer nicht, dafür aber viel über die Ernährung von US-Amerikanern, die auf Bio-Lebensmittel stehen. Und über den Dschungel der Bio-Label.

Laufer schildert seine Suche nach dem Ursprung von als „bio“ etikettierten Walnüssen und schwarzen Bohnen. Die Nüsse hat seine Frau in Eugene, Oregon, bei Trader Joe’s gekauft, einem Discounter mit Bio-Image, der in den USA Kult ist und zum deutschen Aldi-Konzern gehört. Laut Etikett stammen sie aus Kasachstan; mehr lässt sich bei dem Handelsriesen nicht in Erfahrung bringen. Bei den Bohnen der Marke „Natural Directions“ trägt der Deckel den Stempel „Product of Bolivia“. Beides erweckt den Argwohn des Autors, denn Kasachstan verbindet er mit Korruption, Bolivien hingegen mit Kokain.

Sein Vorhaben, die beiden Produkte bis zu ihren Erzeugern zurückzuverfolgen, gestaltet sich als Schnitzeljagd. Damit diese fast 300 Seiten füllen kann, führen die Hinweise, die den Weg zum Ziel markieren sollen, des Öfteren in die Irre und auf Umwege – zum Beispiel nach Italien, Spanien, Tunesien und Costa Rica. Oder nach Ungarn, zur Vernichtung von Monsanto-Mais durch das dortige Landwirtschaftsministerium. Mit Walnüssen und schwarzen Bohnen hat das oft nicht direkt zu tun, und manchmal verliert man die Orientierung, wo man sich gerade auf der Welt befindet.

Auch ist die Liste der Personen lang, die der Autor in den USA und anderen Ländern zur Glaubwürdigkeit und Funktionsweise des Bio-Zertifizierungssystems befragt und zu Walnüssen und schwarzen Bohnen können sie oft nichts sagen. Doch die Zertifizierung in einem globalisierten Wirtschaftssystem ist ein weites Feld, und so haben sie immer irgendetwas beizusteuern.

Der Autor mischt dies mit allerlei Geschichten. So erfährt man ganz nebenbei von einer Fotografie, die Che Guevara am Steuer einer Maschine für die Zuckerrohrernte zeigt.  Da Che zuletzt in Bolivien gekämpft hat, ist die gedankliche Verbindung zu den bolivianischen Bio-Bohnen nicht ganz aus der Welt. Laufers assoziativer Stil verwirrt die komplexen Fragen rund um die Kennzeichnung von Bio-Lebensmitten zwar manchmal mehr, als sie zu erhellen. Er unterhält aber auch, nicht zuletzt dank seines schwarzen Humors. Und selbstverständlich erfährt man stets, was der Autor, seine Frau und seine Gesprächspartner gerade essen und trinken. Das Buch ist so auch ein kulinarischer Reiseführer.

In Österreich (dessen Einwohner sich dadurch auszeichnen, dass sie rauchen, während sie von ihrer Bioernährung schwärmen) erlebt Laufer ein seiner Ansicht nach funktionierendes Rückverfolgungssystem. Allerdings: Ein Kollege, den er trifft, hatte die Herkunft von Bio-Eiern zurückverfolgt – und war bei einem Bauernhof gelandet, auf dem 18.000 Legehennen gehalten wurden.

Führt Laufers Odyssee schließlich zum Erfolg beziehungsweise zu den Erzeugern? Werden in Kasachstan tatsächlich Bio-Walnüsse angebaut und in Bolivien Bio-Bohnen? Das soll hier nicht verraten werden – sonst wäre die Schnitzeljagd ja nicht mehr spannend.

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